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Die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Autobahnbrücken müssen beschleunigt werden. In dieser Einschätzung waren sich die zu einer öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses am Mittwoch geladenen Sachverständigen weitgehend einig. Ob es dazu den von der CDU/CSU-Fraktion vorgelegten Gesetzentwurf „zur weiteren Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren an Brücken auf Bundesfernstraßen“ (20/4665) braucht, der Verfahrenserleichterungen vorsieht, die sich am LNG-Beschleunigungsgesetz orientieren, blieb hingegen umstritten.


Dass den LNG-Terminals zugestandene überragende öffentliche Interesse müsse auch für Sanierungsmaßnahmen an Bundesfernstraßen gelten, befand Ralf Stoffels, Vizepräsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Bei Projekten von überragendem Interesse brauche es einen vernünftigen Abwägungsmaßstab wie bei den LNG-Terminals, sagte Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Autobahn GmbH des Bundes. Die Umweltjuristin Cornelia Ziehm indes hielt den Gesetzentwurf für unnötig. Schon jetzt gebe es die Möglichkeit, in Ausnahmefällen die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) auszusetzen, sagte sie.


Aus Sicht des ADAC ist zu begrüßen, dass die Planungsvereinfachungen für schwimmende LNG-Terminals auf besonders dringliche Vorhaben im Verkehrsinfrastrukturbereich übertragen werden soll. So sei die vorgesehene Verkürzung der Fristen in unionsrechtlich zulässiger Weise zu unterstützen, sagte ADAC-Vertreter Stefan Gerwens. Eine Festlegung per Rechtsverordnung, dass bestimmte Sanierungsvorhaben und Ersatzneubauten von der UVP-Pflicht ausgenommen werden, sei ein wirksamer Beschleunigungsbeitrag. Abseits des Gesetzentwurfes sollte auf eine Änderung der UVP-Richtlinie dahingehend hingewirkt werden, dass bei Ersatzbauwerken die UVP-Anwendung erleichtert wird, sagte er.


Durch zusätzliche Anforderungen und Richtlinien würden die Planungen in Deutschland immer komplexer, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung bei der Autobahn GmbH des Bundes, Stephan Krenz. So sei der Artenschutz ebenso zu berücksichtigen wie die UVP und landschaftspflegerische Aspekte. Angehört müssten zudem die Belange der öffentlichen Träger sowie der privaten Anrainer und Grundstücksbesitzer. Dabei müsse ein Einvernehmen hergestellt werden. Sei dann der Bauantrag gestellt, „geht es mit der Klagerei los“, sagte Krenz. Seiner Aussage nach dauert es aktuell etwa zehn Jahre, bis eine etwa 250 Meter lange Standardtalbrücke fertig gestellt ist. Lediglich drei Jahre dauere dabei das eigentliche Bauen. Es brauche also Erleichterungen bei den vorhergehenden Prozessen. Krenz forderte unter anderem klare Stichtagsregelungen für Einwendungen sowie eine Einschränkung der Klagewege bei Brücken und Engpassbeseitigungen.


Auch aus Sicht von Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, sind die Genehmigungen das Hauptproblem und nicht fehlende bauliche Kapazitäten. Da gebe es deutlich Luft nach oben. Im Brückenbereich, so Müller, hätten sich die Ausschreibungen aufgrund von stockenden Genehmigungen 2022 im Vergleich zu 2021 halbiert. „Wir haben Bauunternehmen, die ihre Trupps für den Brückenbau nicht voll auslasten können“, sagte der Verbandsvertreter. Diese nun einfach auf andere Baumaßnahmen wie etwa den Schienenbau zu lenken, funktioniere nicht, weil dafür andere Kapazitäten benötigt würden. Müller regte an, mittels BIM (Building Information Modeling) eine Arbeitsteilung zwischen dem hoheitlichen Genehmigungsprozess einerseits und dem, was Planer und Bauindustrie leisten können, zu erreichen.


Christoph F. J. Schröder, Vorstandsmitglied bei der Bundesingenieurkammer, verwies darauf, dass viele der Brücken – wie auch die gesperrte und demnächst abzureißende Talbrücke Rahmede – nicht die eigentlich für sie geplante Nutzungsdauer erreichten. Das habe mit der enorm gestiegenen Verkehrsbelastung zu tun. Es sei aber auch zu wenig in die Erhaltung investiert worden. Hier könne auch das Thema BIM eine Möglichkeit bieten, so Schröder. BIM biete nicht nur eine dreidimensionale Visualisierung, sondern auch eine stringente Kosten- und Zeitplanung.


DIHK-Vizepräsident Stoffels, als Unternehmer in der Region um Lüdenscheid selbst von der Sperrung der Talbrücke Rahmede betroffen, sandte einen „Hilferuf aus der Region“ an den Ausschuss. Auf der Umleitungsstrecke seien 20.000 zusätzliche Fahrzeuge unterwegs – davon 6.000 Lkw. „Wir brauchen dringend eine Planungsbeschleunigung und einen verlässlichen Plan“, sagte Stoffels. Es brauche ein Enddatum, auf das sich die Unternehmen einstellen können. Die Zukunft der stärksten Wirtschaftsregion in Nordrhein-Westfalen sei zutiefst bedroht, warnte er. Es müsse möglich sein, einen Ersatzneubau ohne Planfeststellungsverfahren und ohne UVP zu ermöglichen. Das sei von überragendem öffentlichem Interesse.


Der Gesetzentwurf beziehe sich keineswegs nur auf Autobahnbrücken, sagte Cornelia Ziehm. Er verfolge vielmehr das Ziel eines weiteren, beschleunigten und nicht begrenzten Neu- und Ausbaus von Bundesfernstraßen überhaupt. Mit Blick auf die Rahmedetalbrücke sagte Ziehm, diese könne ohne Planfeststellungsverfahren saniert werden. Das habe das Fernstraßenbauamt durch Bescheid so festgestellt. Die Juristin betonte zugleich die große Bedeutung der UVP, „die dem Schutz unserer Lebensgrundlage dient“. Der europäische Gesetzgeber habe gleichwohl in der UVP-Richtlinie eine Ausnahmemöglichkeit vorgesehen. Dies dürfe aber nicht pauschal auf gesetzlicher Ebene erfolgen, sondern nur im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung durch die Planfeststellungsbehörde. Andernfalls sei die Aussetzung europarechtswidrig.
Quelle: hib/HAU
Bildquelle: pixabay/Hans