Bereits zum fünften Mal luden Omnibusspiegel und Busmagazin für 17. bis 20. April 2023 zum großen Elektrobus-Test nach Bonn ein und neun Hersteller entsandten ihre batterieelektrischen Fahrzeuge nebst Personal. Auf dem Friesdorfer Betriebshof der Bonner SWB Bus und Bahn – seit den Anfängen der Testreihe im Herbst 2016 zuverlässiger Kooperationspartner der o.g. Partner-Magazine – und entlang der Teststecke nahm rund ein Dutzend Journalisten aus Europa die E-Busse unter die Lupe.
Sechs E-Busse und neun Hersteller – ja was denn nun? Nach den Gelenkbussen im vergangenen Jahr gingen 2023 sechs Solowagen in der 12m-Version an den Start. Eigentlich hätten es sieben sein sollen, doch der türkische Otokar E-Kent fand den Weg nach Bonn unverschuldet wegen Verzögerungen beim Transport und bei der Zollabfertigung erst mit Verspätung und musste deshalb aus der Wertung genommen werden. Gleichwohl konnten die Teilnehmer ihn ebenso im Fahrbetrieb testen wie den MAN Lion´s City 10 E und den Tremonia Sprinter City 45, die außer Konkurrenz mit von der Partie waren. Der Lion´s City 10 E übernahm zudem den Transport aller Beteiligten zum Hotel bzw. zu den Abendveranstaltungen.
Das Sextett der Konkurrenten im viertägigen Vergleichstest bestand aus dem Ebusco 3.0, dem Hess Lightram 12 Plug, dem Ikarus 120 E, dem Iveco Eway 12, dem Mercedes-Benz E-Citaro sowie dem Quantron Cizaris 12 EV. Wer wollte und qua Führerschein dazu berechtigt war, konnte die Fahrzeuge auf der insgesamt 19 km langen Teststrecke als Fahrer auf die Probe stellen. Weiterer Programmpunkt: Die „Inspektion“ der Fahrzeuge beim Werkstatttest auf dem SWB-Betriebsgelände . Zudem wurde die Gelegenheit, Stärken und Schwächen der Fahrzeuge auch als Fahrgast auszuloten, ausgiebig genutzt.
Doch bevor irgendwer auf dem „Bock“ oder auf den hinteren Sitzen Platz nahm, stand die Vorbereitung der Busse mit u.a. Aufladen, die Begrüßung der Teilnehmer am E-Bustest und die Vorstellung der Teststrecke auf dem Programm. Das übernahm das einspielte Team um Omnibusspiegel-Chefredakteur Dieter Hanke und Busmagazin-Chefredakteur Dirk Sanne.
Anspruchsvoll, vielfältig und praxisnah, sofern man nicht gerade auf dem platten Land zu Hause ist: Auf diese Attribute mussten sich die Fahrer einstellen und die zum größten Teil auf der rechtsrheinischen Seite liegende Teststecke anhand von Karten, Fotos und Wegbeschreibungen zu verinnerlichen. Denn es ging über vielbefahrene Bundestraßen, ein Autobahnteilstück, über Kreisverkehre und eine Steigung mit 7,5 % durch den Wald hinauf in Richtung des Bonner Stadtteils Holtorf und auf dem fast identischen Weg wieder zurück zum Betriebshof der SWB. Soweit die Theorie, in der Praxis musste man sich auf Berufsverkehr, 24 Haltestellen, die bei jeder Tour angefahren wurden und jeweils nach Öffnen/Schließen der Türen wieder verlassen wurden sowie Radarfallen, vor denen die Initiatoren ausdrücklich und erfolgreich gewarnt hatten, einstellen. Und auf Passanten, welche die mit Aufklebern „E-Bus Testfahrzeug“ bestückten Fahrzeuge dennoch für Linienbusse hielten und zusteigen wollten. Während in früheren Jahren die E-Busse im Textbetrieb als Exoten bestaunt wurden, scheint man sich an deren Auftauchen an ÖPNV-Bushaltestellen und Knotenpunkten wie Bonn-Ramersdorf mittlerweile gewöhnt zu haben.
Das ist zudem erklärtes Ziel der SWB Bus und Bahn, die ab 2024 ausschließlich auf batterieelektrische Busse setzt, um den Diesel-Fuhrpark auszudünnen. Von den rund 200 Bussen im ÖPNV der Stadt werden im Laufe dieses Jahres 54 als Mild-Hybrid-Busse und sieben als Elektrobusse unterwegs sein.
Insofern bietet der Bonner E-Bustest nicht nur für Journalisten, sondern auch für kommunale Verkehrsexperten ebenso wie für Hersteller und Vertreter der Industrie genügend Anschauungsmaterial, ob und wie es mit den E-Bussen „laufen“ kann. Apropos laufen oder eher stehen: als Special Guest hat sich auf dem Gruppenfoto mit allen Fahrzeugen hat sich rechts außen ein beigefarbenes „Altertümchen“ geschlichen. Der MAN SL-E mit Baujahr 1974 dokumentiert die Anfänge im ÖPNV-Elekrobusbetrieb. Nach Bonn gebracht hatte ihn die Rheinbahn AG aus Düsseldorf bzw. das Transportunternehmen STS Schneider, denn selbst fahren konnte der Elektro-Methusalem nicht mehr. Gleichwohl durften die Teilnehmer des E-Bustests den Innenraum inspizieren, was ebenso ein Gradmesser für die Entwicklung der Bustechnik in knapp 50 Jahren war. Der Motor – 90/180 kW 333 V– kam von Bosch, 122 PS sorgten für max. 70 km/h. Allein der Anhänger mit der Batterie, die dem Linienbus 740 nach Hilden in den 70er Jahren folgte, wog 8000 kg.
Was dagegen die neue Generation Im E-Bus-Bereich leistet, unterstrichen nicht nur die Fahrzeuge bei den ausgiebigen Testfahrten, sondern auch die Vortragsreihe an drei Vormittagen der Veranstaltung. Dabei wurde nicht nur allen in Bonn vertretenen Fahrzeugherstellern die Möglichkeit gegeben, ihr Produkt zu präsentieren. Ebenso kamen Batteriezulieferer, Serviceleister, Vertreter von Ingenieurbüros und Firmen, die sich der Entwicklung alternativer Antrieb verschrieben haben sowie mit Anja Wenmakers auch die Geschäftsführerin der SWB Bus und Bahn zu Wort. Die Vorträge in englischer Sprache waren an allen drei Tagen gut besucht. Ebenso wie die Abendveranstaltungen in verschiedenen Stadtteilen und Restaurants in Bonn. Großes Lob an die Veranstalter seitens der Teilnehmer auch in diesem Punkt, denn die Vielfalt an gastronomischen Erlebnissen ließ keine Wünsche offen.
Im Mittelpunkt der viertägigen Veranstaltung standen natürlich die Fahrzeugtests. Während die Fahrer die E-Busse in Bezug auf Handhabung, Verarbeitung und Servicefreundlichkeit unter die Lupe nahmen, waren alle Tester auch als Passgiere unterwegs. Hier ging es primär um den Komfort während der Fahrt und was einem im Betrieb des Busses zu Gehör kommt. Zu den „reinen“ Fahrgasttestern gehört übrigens auch der Autor. Das Rennen um den erstmaligen eingeführten Preis des Electric Bus Champion 2023 machte wenig überraschend der Mercedes-Benz E-Citaro. Diesen und die anderen Teilnehmer des 5. E-Bustests in Bonn werden wir in den kommenden Ausgaben des Busmagazins näher vorstellen.
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