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Rampini Eltron: Flinker Midi

Marburg setzt auf den Eltron als E-Midibus für seinen Stadtverkehr durch die engen Altstadtgassen. Wir haben uns den kleinen Italiener in der hessischen Kreisstadt einmal genauer angesehen.

Die mittelhessische Universitätsstadt Marburg an der Lahn hat ein Prob lem in Sachen ÖPNV. Ihre durchaus touristisch ansprechende Altstadt zieht sich rund um das Landgrafenschloss auf dem 287 m hohen Schlossberg, einem Ausläufer des sogenannten Marburger Rückens. Zu dem Buntsandsteinberg und durch die Altstadt führen steile, teils sehr enge Gassen und scharfe Kehren. Zudem verengen, zumindest in der schönen Jahreszeit, Stühle und Tische der Cafés und Restaurants, die am Straßenrand stehen, die schon schmale Fahrspur zusätzlich. Sprich, ein normaler 12-m-Stadtbus hätte hier richtig Mühe sich seinen Weg zu bahnen.

Kleinfahrzeuge mussten her, die aber zugleich mehr Fahrgäste als Sprinter und Co. aufnehmen können. Denn in der Urlaubszeit ist Marburg voll von Touristen, die in die Altstadt bzw. zum Schloss hinauf wollen. Daher kauften die Stadtwerke Marburg (SWMR) jetzt bei dem italienischen Familienunternehmen Rampini (Passignano sul Trasimeno, Mittelitalien) zwei Eltron. Das sind vollelektrische Midibusse mit 8 m Länge und 2,2 m Breite aus der neuen Generation, die dieses Jahr auf den Markt kam.

Mit diesen Kleinfahrzeugen mit zwei Türen (es gibt sie auch als Dreitürer) mit max. 320 Pferdestärken bei einem Leergewicht von 8,7 t kommt man in Marburg gut durch die Altstadt und den Schlossberg hoch. Auch wenn es selbst für diese Midis an mancher Stelle eng wird. Und: Bis zu 48 Passagiere können die Kleinen dabei mitnehmen.

Damit glaubt man, nein weiß man bei den Stadtwerken, dass man einen guten Kompromiss gefunden hat in Sachen Altstadtmobilität. Denn, es sind nicht die ersten E-Busse aus dem Hause Rampini – man konzentriert sich in Italien nur auf die Fertigung von 6- bzw. 8-m-Bussen –, die durch Marburgs Gässchen rollen. 2021 kauften die SWMR bereits zwei E-Busse des Vorgängermodells E80.

Getauft wurden die beiden auf „Elisa“ und „Emil“ nach den bekannten Marburger Persönlichkeiten Landgräfin Elisabeth von Thüringen und dem Nobelpreisträger Emil von Behring. Für die beiden neuen Eltron ist noch kein Kosename bekannt gegeben worden.

Und mit diesen beiden E-Midi, den E80, war und ist man in Marburg hochzufrieden. Elisa und Emil sind noch heute sehr erfolgreich auf ihren Linien unterwegs. Die adlige Dame kommt mittlerweile auf 25 000 gefahrene Kilometer, der Nobelpreisträger sogar auf knapp 40 000 km. „Eine Stärke ist die Wendigkeit der Fahrzeuge, die sich vor allem auf der steilen Schlossroute der Linie 10 bemerk[1]bar macht“, unterstreicht Wolfgang Otto, der Geschäftsführer der Marburger Verkehrsgesellschaft (MVG), der 100-prozentigen ÖPNV-Tochter der SWMR. Anfang 2024 soll übrigens noch ein weiterer Eltron in die Stadt kommen und im gleichen Jahr die sollen auch die ersten sechs 12-m-E-Busse beschafft werden. 2025 steht die Beschaffung von fünf weiteren Elektrobussen an.

Der Eltron ist ein Vollniederflur-Midi in Integralbauweise. Er ist auf zierlichen 17,5-Zoll-Rädern unterwegs. Aufgrund seiner Kürze, der geringen Breite von 2.200 mm und einem Radstand von 3.700 mm ist der E-Bus vergleichsweise wendig. Seinen Wendekreis geben die Italiener mit 14.850 mm an. Das macht ihn nicht nur für Marburg so interessant, sondern eben überall dort wo es eng und kurvig zugeht. Zudem hat man ihn in Hessen mit einem Kamera-Monitor-System (Brigade, alternativ Orlaco) statt klassischer Außenspiegel sowie mit 360-Grad-Kamera bestellt, was das Manövrieren zusätzlich erleichtert. So reduziert sich die Gefahr, dass der Bus mit seinen „Außenspiegeln“ an den ausgefahrenen, schattenspendenden Markisen der Altstadtgeschäfte hängen bleibt. Zugleich hat der Chauffeur mit dem „Bird-View“ einen Überblick auf das, was sich in den touristisch belebten Gassen rund um den Bus tut.

Ein Zentralmotor sorgt für den Vortrieb

Ein Zentralmotor, der nach dem Permanentmagnet-Synchron-Prinzip arbeitet, bringt den E-Bus mit bis zu 7.000 Umdrehungen in der Minute voran. Laut Presseinformationen erbringt der wassergekühlte Dana-TM4- Motor eine Spitzenleistung von 235 kW/320 PS bzw. eine Dauerleistung von 133 kW/180 PS. Das max. Drehmoment des Motors beträgt 950 Nm.

Um den Schlossberg von Marburg mit einem Eltron inklusiver etlicher Fahrgäste zu erklimmen, reichte dies allemal, wie die Jungfernfahrt zur ehemaligen Residenz der Landgrafschaft Hessen bewies. Zudem arbeitet der Motor als Generator im Schubbetrieb und rekuperiert Energie. Wie intensiv er Energie wieder zurückgewinnt, kann der Fahrer mit einem dreistufigen „Bremshebel“ steuern.

Insgesamt verspricht Rampini eine Fahrleistung von über 300 km, bevor die Batterien per Stecker und Kabel wieder geladen werden müssen. Allerdings schränken die Italiener ein: Die über 300 km gelten bei Fahren ohne Klimaanlage. Nach eSORT 1 inkl. Klimatisierung sollen noch mindestens 200 km möglich sein. Die Linie 10 (Hauptbahnhof-Schloss) mit ihren 12 Haltepunkten ist nur knapp 4,5 km lang und wird in ca. 20 Minuten abgefahren. Da reichen die mitgeführten 281 kWh allemal.

Als Fahrwerk dient dem Eltron vorne eine ZF RL 55 EC mit Einzelradaufhängung und hinten arbeitet eine Rampini-Achse, aufgebaut nach dem Hypoid-Prinzip. Die Lithium-Eisenphosphat-Batterien (281 kWh, 80 % nutzbar) sind in acht Modulen auf dem Dach verbaut. Sie stammen vom chinesischen Hersteller CATL und haben mittlerweile eine Leistungsdichte von 180 Wh/kg (Vorgängermodell 100 Wh/kg). Rampini geht – abhängig vom Einsatzgebiet – von einer Lebensdauer von 6 bis 8 Jahren aus und gewährt mindestens eine Garantie von 5 Jahren.

Geladen wird per CCS2

Geladen werden die Akkus bei den Marburger Bussen klassisch über Stecker (Combo CCS2), die wahlweise hinten links oder rechts verbaut werden können. Die Ladezeit per Schnellladung (120 kW Gleichstrom) soll ca. 2 Stunden betragen. Alternativ gibt es den Midibus auch gerne mit Pantografen. Dann sind auf dem Dach bauraumbedingt allerdings nur noch 210 kWh verfügbar.

Dadurch, dass die Akkumulatoren und die meisten elektrischen Bauteile auf dem Dach und nicht im Heck sitzen, gibt es im Innenraum weniger Einschränkungen. Das bedeutet, dass der Fahrgastraum beim Zweitürer mit bis zu 13 Sitzen bestückt werden kann.

Gekühlt wird der Innenraum mit einer Klimaanlage von Autoclima (RTH 70) mit einer Kühl- bzw. Heizleistung von 7 kW. Diese kam allerdings bei der Premierenfahrt im sehr sommerlichen Marburg mit einer Außentemperatur von 35 Grad Celsius hörbar an ihre Leistungsgrenze. Hinzu kommt noch eine in die Innendecke eingelassene Infrarot-Heizung „Top-Heat“, die Fahrgäste, die sich im Stehperron aufhalten, bei Bedarf mit bis zu 800 Watt Strahlungsenergie aufwärmen kann.

An diesen Sommertagen in Marburg bestand allerdings keinerlei weiterer Bedarf an zusätzlicher Wärme, ganz im Gegenteil. Selbst die italienischen Gäste von Rampini waren bei dieser Premierentour und hessischer „Affenhitze“ beim Fototermin direkt unterhalb des Schlosses froh, im Schatten und angenehmem Bergwind draußen Luft schnappen zu können. Die Fahrerklimatisierung, das sei noch angemerkt, kommt vom gleichen Hersteller und bringt es auf 3 kW.

Das Cockpit des Midi ist funktional-schlicht gehalten, entspricht aber den VDV[1]Vorgaben. Der Armaturenträger stammt vom Schweizer Hersteller TEQ. Die Schweizer zeichnen auch für das elektronische Multiplex-System und die Telematikvernetzung verantwortlich.

Das Familienunternehmen Rampini

Das Familienunternehmen Rampini, gegründet 1945, setzt seit etwa dem Jahr 2000 zunehmend auf E-Busse. Mittlerweile verließen schon über 200 der E-Midi als Sixtron (6 m), E80 oder Eltron das Werk. Zur Busworld in Brüssel werden die Italiener zudem mit dem Hydron (8 m) einen Wasserstoffbus vorstellen.

Im Mai 2023 konnte man den Consip-Tender mit einem Rahmenvertrag über bis zu 280 Busse des Typs Eltron für sich entscheiden – einer der größten vertrieblichen Erfolge des Unternehmens bisher. Seit 2022 sind neben den beiden bisherigen Familienvertretern, Chefingenieur Franco Rampini und sein Bruder Stefano Rampini, die nächste Generation der Familie in die Geschäftsführung eingetreten: Dr. Caterina Rampini als Vizepräsidentin und Geschäftsführerin, und Andrea Rampini als zweiter Vizepräsident und Leiter Technik und Entwicklung. Neben dem Busbau verwandelt man auch Müllfahrzeuge in E-Lkw, ist in der Verteidigung sowie im Zivilschutz mit Produkten unterwegs und im Metallbau aktiv. Der Mittelständler in Umbrien beschäftigt aktuell ca. 100 Mitarbeiter.

Rampini Eltron: Technische Daten

Motor: Permanetmagnetmotor, Dana TM4 MA-270

Spitzenleistung: 235 kW/320 PS

Dauerleistung: 133 kW/180 PS

Max. Drehmoment: 950 Nm

Höchstgeschwindigkeit: 75 km/h

Batterien: Lithium-Eisenphosphat LiFeP04, 281 kWh bei Stecker, 210 kWh bei Pantograf

Reichweite: über 300 km ohne Klimaanlage

Ladebuchse: CCS2 hinten links

Länge/Breite/Höhe: 8.000/2.200/3.250 mm

Radstand: 3.700 mm

Überhang v/h: 1.870/2.430 mm

Wendekreis: 14.850 mm

Leergewicht: 8.700 kg

Zul. GG: 12.000 kg

Sitzplätze: 10 + 1 Rollstuhlfahrer + 1 Fahrer (3-Türer); 13 + 1 Rollstuhlfahrer + 1 Fahrer (2-Türer)

Stehplätze: 31 mit/35 ohne Rollstuhlplatz (3-Türer); 30 mit /34 ohne Rollstuhlplatz (2-Türer)

Gesamtzahl Fahrgäste: 43 mit/46 ohne Rollstuhlplatz (3-Türer); 45 mit/48 ohne Rollstuhlplatz (2-Türer)

Boden: Komplett Niederflur, dritte Tür mit Stufe (3-Türer); Komplett Niederflur (2-Türer) Türe v/m: 1-türig 620 mm/1-türig 1100 mm, beide elektrisch

Bildquelle: Dirk Sanne

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