Auf der bus2bus zeigte sich der Bühler Omnibusfachhändler Omicar mit einem neuen Familienmitglied. Zum Portfolio gehören mittlerweile mit dem W-Smile S6 und S7 gleich zwei Elektrokleinbusse. Wir haben uns die zwei ersten Vorführbusse vor Ort angeschaut.
Der Fahrzeughändler Omnicar in Bühl gut 10 km südwestlich von Baden-Baden geht neue Wege. Groß geworden vor allem mit Minibussen verschiedenster Art auf Basis von Sprinter und Iveco hat man nun batterieelektrische Kleinbusse chinesischen Ursprungs für den ÖPNV ins Programm aufgenommen. Es ist nicht der erste Versuch der Südwestdeutschen, die Angebotspalette um neue Fahrzeuge zu erweitern. Zuvor hatten die Bühler diesen Versuch mit Produkten von türkischen Fahrzeugbauern unternommen, mussten aber erhebliches Lehrgeld zahlen. Die türkischen Partner waren nicht wirklich Willens auf die durchaus berechtigten Wünsche mittel- und westeuropäischer Kunden einzugehen, was Fahrzeuggestaltung und -qualität betraf. Daher wurden diese Partnerschaften wieder eingestellt.
„Der chinesische Fahrzeugbauer mit dem wir zusammenarbeiten und bei den wir unsere E-Busse bestellen und für den europäischen Markt mit europäischen Komponenten auf- und ausbauen lassen, ist wesentlich entgegenkommender, was Kundenwünschen und Änderungsvorschläge betrifft“, so gibt sich Eyad Alterzi, Geschäftsführer der Omnicar GmbH zuversichtlich. Die neuen Kleinen im Sortiment, über die hier gesprochen wird, hören auf die Namen W-Smile S6 und S7.
Hersteller der Kleinbusse ist die Wisdom Motor Co. aus China. Das 2019 gegründete Technologieunternehmen, das sich auf emissionsfreie Nfz spezialisiert hat, sitzt in der Stadt Zhangzhou, gelegen in der südostchinesischen Provinz Fujian.
Sehr ähnlich sind den Omnicar E-Kleinbusse übrigens die Minibusse des englischen Busherstellers Mellor, die hierzulande durch Jebsen & Jessen vertrieben werden. Denn die Sigma-Baureihe stammt ebenfalls aus den Fertigungshallen von Wisdom Motor. Beide Anbieter Omnicar und Jebsen & Jessen stand auf der bus2bus nebeneinander. Die Ähnlichkeit der Fahrzeuge sei aber auf der Berliner Messe keinem aufgefallen, wie Jessica Wahl, die rechte Hand von Eyad Alterzi betont. Und, so ist aus Bühl zu hören, die Smile-Modelle werden sich in Sachen Ausbau und Qualitätsanspruch gegenüber den Sigma-Bussen (auch) zukünftig klar unterscheiden und das deutlich.
Die Basis des Smile S6 mit knapp 6 m Fahrzeuglänge und des S7 mit knapp 7 m bildet ein Stahlgerüst. Heck und Front bestehen dagegen aus GFK, die Flanken sind mit einem Komposit-Werkstoff verkleidet. Auf die Struktur gibt es seitens der Bühler eine Garantie von bis zu 20 Jahren. Bei der Produktion kommen der verwendete Stahl aus Finnland und viele Komponenten von bekannten europäischen Lieferanten, wie z. B. Hella, Isri, Valeo oder Wabco. Das erleichtert den Bühlern erheblich das After-Sales-Geschäft, da Omnicar gut auf diese Partnerunternehmen zurückgreifen kann. Zudem besitzen die Südwestdeutschen im Elsass ein eigenes Ersatzteillager für die fahrzeugspezifischen Schnelldreher. Allerdings, die 20 Jahre Garantie für die Struktur der Fahrzeuge stehen etwas konträr zu den nur zwei Jahre Garantie auf das Gesamtfahrzeug und sieben Jahre auf die Batterien. Jedoch beide Garantien können auf Wunsch und in Vereinbarung mit Omnicar gerne auch verlängert werden, wie man unterstreicht.
Angetrieben werden die beiden batterieelektrischen Brüder entweder durch einen Dana EP6 Achsmotor mit 135 kW als Spitzenleistung (Nennleistung 60 kW) und einem maximalen Drehmoment von 350 Nm (S6) oder durch einen Dana EP8 (S7) mit 150 kW und 350 Nm in der Spitze (Nennleistung 80 kW). Dana fertigt seit 2005 in Kooperation mit dem Achsenhersteller Dongfeng in China diverse Nfz-Achsen. Beide Fahrzeuge sind auf 70 km/h begrenzt.
Vier Batteriepacks haben der S6 und der S7 an Bord, die noch im Heck sitzen. Für die nächste Generation überlegt Omnicar eine räumlich günstigere Platzierung, umso mehr Raum für Passagiere zu generieren. Die Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus stammen CATL und haben in der Summe eine Kapazität von 114,5 kWh beim S6 und beim S7 von 127,7 kWh. Sie lassen sich via Stecker im Heck mit bis zu 114 kWh laden. Die Reichweite gibt Omnicar mit ca. 270 km bzw. beim S7 mit ca. 300 km als Durchschnittswert an. Was natürlich, wie bei allen E-Bussen, von etlichen Faktoren, wie z. B. Topografie und Klima, abhängig ist. Gesichert gegen Brände sind die E-Bauteile rund um die Batterien wie marktüblich. Im Fall des Falles sind im Batterieraum an den sensiblen Stellen Feuerlöschpatronen verbaut.
Hinter der Heckklappe sitzen zudem die Hochspannungssicherungen, die Wechselstromleitungen zum Motor, die Gleichstromsteckdose und der Kühlwasserbehälter. Was an Elektrik nicht direkt im Heck montiert ist, lässt sich durch Seitenklappen im Heckbereich erreichen, wie z. B. die Batteriepakete. Unter wiederum der Frontklappe sind der Lenkflüssigkeitsbehälter und der Tank für die Scheibenwaschanlage verbaut.
Die beiden Kleinen kommen auf vier Einzelrädern und Luftfederung daher. Zudem beherrschen sie das Kneeling. Von einer normalen Einstiegshöhe von 310 mm geht’s dann hinab auf bis zu 230 mm. Kufen schützen zudem die Fahrzeugfront bei Aufsetzern.
An Bremsen verfügen die Busse über die gängigen Systeme, wie ABS, ESR usw. Auch wenn man den Fuß vom „Gas“ nimmt, bremsen die Busse spürbar ab. Es ist fast so als würde Omnicar hier eine Einpedal-Strategie verfolgen. Sprich, allein das Lösen des Fußes vom Pedal führt dazu, dass der Wagen bis fast zum Stillstand abbremst. Der Tritt auf die Fußbremse wäre bei vorausschauendem Fahren damit beinahe unnötig. Aber dieser erste Eindruck täuscht den Fahrer, so intensiv ist die so ausgelöste Verzögerung nicht. Und noch etwas überraschendes: die beiden Busse kennen keine Rekuperation. Sprich, es wird keine Bremsenergie zurückgewandelt in Strom und wieder in die Batterien eingespeist, sondern sie verpufft als Wärmeenergie. Noch eine Anmerkung zu den Bremsen: Die Handbremse arbeitet noch mechanisch und nicht elektronisch. Beides könnte man für die nächste Fahrzeuggeneration gern mal in Angriff nehmen.
Serie sind dagegen die Kameraaußenspiegel, da ist Omnicar eindeutig auf der Höhe der Zeit. Die dazugehörigen Monitore sitzen an den A-Säulen. Ihr Bild erwies sich auf unseren Fahrten als gut.
Ein Rückfahrkamera erleichtert wiederum das Rangieren. Abstandslinien im Bild, eine durchaus segensreiche Erfindung, um unerwünschte Kontaktaufnahme beim Rückwärtsfahren zu vermeiden, fehlen noch, sollen aber bald eingeführt werden. Auf diesem Monitor, der zugleich als Touchscreen dient und der direkt neben dem Fahrer in der Armaturentafel sitzt, kann auch der Innenraum sowie ein Blick von oben auf den Fahrerarbeitsplatz eingespielt werden.
Werfen wir nun den Blick in den Fahrgastraum. Eine Doppelflügelige Außenschwingtür von Ventrua mit immerhin 1250 mm lichter Breite gewährt den Zustieg in den teils niederflurigen Innenraum. Eine Rampe erleichtert für mobilitätseingeschränkte Menschen den Zugang.
Im Fahrgastraum stehen im S6 neun Sitzplätze und zwölf Stehplätze zur Verfügung. Hinzu kommen noch drei Klappsitze, wenn die Stellfläche gegenüber der Doppeltür nicht mit einem Kinderwagen belegt ist. Der S7 bietet hier etwas mehr Raum: Zwölf Sitzplätze, zwei Klappsitze und bis zu 18 Stehplätze. Den S6 gibt es auch alternativ mit Platz für maximal 26 und den S7 für maximal 35 Fahrgäste. Die Bestuhlung im Fahrgastraum stammt in beiden Vorführern von Fainsa. Haltewunschtasten und zeitgemäße USB-Stecker gehören zur Serie.
Im S6 geht es nach den Niederflurbereich über insgesamt drei Stufen in den Heckbereich, den drei Sitze und ein kleiner Batterieturm abschließen. Auf ihm und vor im bis zum nächsten Sitz ist dankenswerterweise Platz für Jacken und Rucksäcke, den wir auch auf unserer Testfahrt instinktiv genutzt haben. Empfehlenswert ist es jedoch den Turm mit einem niedrigen Gepäckgeländer zu versehen, damit von ihm beim Bremsen nichts herunterrutschen kann.
Im größeren Bruder geht es niederflurig bis zur Heckbank mit ihren vier Sitzen. Dahinter sitzt ein durchgehender Block mit den Batterien und der Elektrik. Auch diese ungenutzte Fläche lässt sich als Ablage nutzen, nur sollte sie ebenfalls eine Art Schutzgeländer bekommen.
Der Innenraum beim kleineren Smile wird durch zwei Heizkörper und eine elektrische Heizung mit 11 kW aufgewärmt, für die Kühlung stehen dabei maximal 21 kW parat. Die Klimatisierung übernimmt dabei eine elektrische Anlage von Valeo in beiden Vorführern. Genauer gesagt arbeitet hier eine Valeo REG250N, die auf das Kältemittel R407C (ein Gemisch aus R134a, R125 & R32) setzt. Unser S7 besitzt darüber hinaus noch eine dieselbetriebene Zusatzheizung.
Der Fahrer nimmt in beiden Bussen auf einem Isri-High-Comfort-Sitz Platz. Vor ihm ist eine Actica-Instrumententafel mit Zentraldisplay montiert. Dieses digitale Display zeigt neben der Geschwindigkeit und Ladezustand u. a. Motortemperatur, Kilometerstände und Luftdruck an.
Die Schalter vor und links neben dem Fahrer sind überschaubar, da findet sich auch der Neuling schnell zurecht. Ein Manko hier: Ablageflächen sind nicht großartig vorgesehen, wenn man den Getränkehalter, der seitlich, aber weit hinter dem Fahrer platziert ist, ignoriert. Zwar gibt es auch für den Fahrer eine USB-Schnittstelle, aber z. B. keine Möglichkeit ein Smartphone sicher abzulegen.
Ungewöhnlich ist zudem, dass der Schalter für die Warnblinker im linken Lenkstockschalter integriert ist und auf unserer Tour erst einmal gefunden werden wollte. Er soll aber zukünftig eine sichtbare Position in der Armaturentafel bekommen.
Seitlich links vom Chauffeur sitzt unter einer Schutzhaube auch der Notaus-Schalter für die Hochspannungszufuhr. Bei einer Fahrgeschwindigkeit unter 5 km/h trennt er den Stromkreis sofort und die Warnblinker gehen an. Über 55 km/h erfolgt die Trennung erst nach 30 Sekunden, damit der Fahrer eine Chance hat, einen sicheren Abstellplatz anzusteuern. Ein zweiter Notausschalter sowie der Trennschalter befinden sich unter der Heckabdeckung.
Das zweite Touch-Display rechts neben dem Fahrer, das sich, wie erwähnt, bei der Rückwärtsfahrt in einen entsprechenden Monitor verwandelt, erlaubt die Aktivierung z. B. des Nebelscheinwerfers, der Frontscheiben- und Spiegelheizung sowie anderes mehr. Es gibt auch die etwas putzig wirkende Schaltfläche „Vergiss die notbeleuchtung“, hier ist die chinesisch-deutsche Übersetzung eindeutig etwas ins Straucheln gekommen. Das dazugehörige Symbol lässt jedoch erkennen, dass man hier das entsprechende Licht ausschalten kann.
Los geht’s nun zur Rundfahrt, erst mit dem kleineren der beiden hoch auf den Mehliskopf (1008 m) im nördlichen Schwarzwald. In der zweiten Runde fuhren wir rund um Bühl und bis nach Karlsruhe dann mit dem S7. Auffällig leise sind wir unterwegs. In beiden Fällen gilt: Das Fahrzeug und die Türen sind gut gedämmt bzw. abgedichtet. Hinzu kommt in diesem Fall, dass in beiden Bussen noch kein Ticketautomat o. ä. eingebaut ist. Diese sind ja gerne auch eine nicht unerhebliche Geräuschquelle. Der Innenraumlärm ohne Fremdeinwirkung, wie Handy-Klingeltöne bzw. Gespräche unter den Fahrgästen wird mit unter 50 Dezibel angeben.
Ganz anders sieht es aus, wenn die Innenraumklimatisierung und/oder das Gebläse für die Windschutzscheibe angeworfen werden. Beide sind für normale Außentemperaturen ausreichend leistungsstark (wir waren bei ca. 18 Grad plus unterwegs) und arbeiten auch zügig, aber sehr hörbar.
Eine Besonderheit haben die Busse im Betrieb: Die Fahrzeuge sind nicht fahrbereit wenn die Heckhaube, die Rampe oder die Tür geöffnet sind. Dann nimmt das Fahrpedal kein „Gas“ an. Umgekehrt lässt sich die Tür nur öffnen, wenn die Räder der Vorderachse im Geradeaus-Modus sind. Wenn nicht, warnt ein Signalton. Der erklingt auch bei Langsamfahrt bis ca. 20 km/h. Der Grund dafür erschließt sich einem allerdings nicht.
Unser Fazit zu den beiden Omnicar-Vorführbussen: Solide verarbeitet und angenehm zu fahrende Kleinbusse der 6-m- und 7-m-Klasse. Und damit durch aus interessante, batterieelektrische Alternativen, für jene, die im ÖPNV nicht auf eSprinter und Co. setzen wollen. Die Änderungsvorschläge unsererseits liegen eher im Marginalen bzw. sind von Omnicar eh schon für die nächsten Modelle eingeplant. Und laut den Bühlern sind die Partner in China williger als die früheren türkischen Kooperationspartner Kundenwünschen und -ideen aufzunehmen und umzusetzen. Übrigens, der S7 hat schon einen Abnehmer gewonnen. Der Vorführer geht an die MoD Holding GmbH in Neustadt an der Weinstraße.
Bildquelle: Dirk Sanne
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