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Im Gespräch: Wann kommt der E-Reisebus?

Die Elektrifizierung schreitet weiter voran. Nach den Stadtbussen steht nun der Überlandwagen im Fokus, aber auch der elektrische Reisebus ist schon im Gespräch. Im Interview erläutert uns Heinz Kiess, Head of Product Marketing Bus bei MAN Truck & Bus, wie in Sachen „Reise“ die Marschrichtung beim Münchner Fahrzeugbauer ist.

Busmagazin: Herr Kiess, welche Antriebsart hat bei MAN und seinen zukünftigen Reisebussen Vorrang, ein batterieelektrischer Antrieb oder die Brennstoffzelle? Oder gehen beide parallel an den Start?

Heinz Kiess: Wir setzen beim Reisebus wie auch beim Stadt- und Überlandbus fest auf einen batterieelektrischen Antrieb. Grundsätzlich ist MAN natürlich technologieoffen aufgestellt und wird daher auch die Entwicklungen bei der Brennstoffzelle beobachten und unter Umständen neu bewerten.

Aber nach dem heutigen technologischen Stand sehen wir für die nächsten zehn Jahre keine Alternative zum batterieelektrisch angetriebenen Reisebus. Wasserstoff wird grundsätzlich seine Chance bekommen, seinen Beitrag für die allgemeine CO2-Reduktion zu leisten. Aber das CO2-Potenzial liegt eindeutig beim Einsatz in der energieintensiven Schwerindustrie nicht in der Mobilität.

BM: Was macht Sie da so sicher?

Kiess: In nächsten zehn Jahren wird auf der einen Seite Diesel erheblich teurer sein als heutzutage. Andererseits werden genügend Mengen an Strom und eine ausreichende Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität zur Verfügung stehen bzw. aufgebaut sein. Damit ist Strom die konkurrenzfähige Alternative, auch weil der Wasserstoff bis dahin nicht in einer TCO-Parität (Total Cost of Ownership) zum Strom stehen wird.

Hinzu kommt noch der sehr unterschiedliche Wirkungsgrad beider Systeme. Beim Batteriefahrzeug haben wir eine hohe Wirkungsgradeffizienz von 75 %. Der liegt bei der Brennstoffzelle nur bei 25 % in der Well-to-Wheel-Betrachtung.

Das führt uns zur Überzeugung, dass die batteriegestützte E-Mobilität zurzeit die beste und nachhaltigste Zero-Emissionsstrategie für Europa in der Fläche ist. Die Brennstoffzelle wird da nur in Nischen bzw. lokal Erfolge feiern können.

Wir rechnen zudem in Bälde mit Batterien, die ein Fahrzeugleben lang halten werden.

Heinz Kiess

BM: Wie sieht es denn beim Rest- bzw. Wiederverkaufswert von E-Reisebussen aus? Das ist ja auch ein wichtiges Kriterium bei einer Kaufentscheidung.

Kiess: Im Gegensatz zu wenigen Jahren zuvor können wir mittlerweile bei den Batterien Lebenszeiträume von zehn bis zwölf Jahren garantieren. Wir rechnen zudem in Bälde mit Batterien, die ein Fahrzeugleben lang halten werden. Das steigert den Restwert gebrauchter Busse enorm und macht sie auch attraktiv für den Weiterverkauf auf den Zweit- und Drittmärkten.

Darüber hinaus lassen sich die Akkumulatoren recyceln und die so gewonnenen Rohstoffe können wieder dem Rohstoffkreislauf zugeführt werden. Je mehr Sie bei diesem Thema ins Detail gehen, desto mehr merken Sie, dass die Batterie einen sehr nachhaltigen Charakter hat und absolut zukunftsfähig ist.

BM: Wann kommen denn bei MAN die ersten E-Reisebusse auf den Markt?

Kiess: Die ersten Modelle von MAN rollen etwa 2026 aus den Werkshallen, so unser Plan. Diese werden aber erst Testbusse für Felderprobungen bei potenziellen Kunden sein. Wir starten aufgrund des zusätzlichen Gewichtes durch die Batterien erst einmal nur mit Dreiachsern. Den Batteriereisebus für den Massenmarkt sehe ich nicht vor 2030 auf der Straße.

BM: Wo sehen Sie die Herausforderungen bei Ihrer Erprobung?

Kiess: Wir stehen 2026, wie vor einigen Jahren beim Stadtbus, erst am Anfang der Entwicklung von E-Reisebussen. Interessant bei den Kundentests wird z. B. das Thermomanagement beim Reisewagen sein, der ja bei Klimatisierung und Heizung ganz anderen Parametern unterliegt als ein Stadtbus. Ebenso spannend wird der Blick auf mögliche mechanische Verschleißteile und auf die internen sekundären Geräuschquellen, die ein „summender“ Dieselmotor dann ja nicht mehr überdeckt.

Die erste Generation für E-Reisebusse sehe ich eher im Shuttleverkehr und bei den Ausflugsfahrten

Heinz Kiess

BM: Wo wird die Reichweite bei der ersten Generation von E-Reisebussen liegen?

Kiess: Eigentlich gehört der Reisebus auf die Langstrecke. Das werden wir anfangs nicht darstellen können, auch weil 2026 noch nicht genug Ladestationen u. a. an den Autobahnen stehen werden. Die erste Generation für E-Reisebusse sehe ich eher im Shuttleverkehr und bei den Ausflugsfahrten, bei denen keine Tagesfahrleistungen von über 400 km verlangt werden.

BM: Wo sollen die Batteriepacks im E-Reisebus platziert werden, aufs Dach?

Kiess: Wir haben verschiedene Möglichkeiten der Platzierung und werden dabei auf ein modulares Konzept setzen. Damit kann der Kunde jeweils entscheiden, welche Performance und Reichweite er kaufen will.

Bauraum für die Akkus bietet z. B. das Heck, das bisher durch den Dieselmotor besetzt war. Zudem werden wir im Kofferraum den Steg in der Mitte des Fahrzeugbodens für die Batterien nutzen. Aufs Dach kommen aber keine Batteriepacks.

BM: Wie wollen Sie mittelfristig das Fahrzeugmehrgewicht aufgrund der Batterien kompensieren, durch einen Leichtbau-Bus?

Kiess: Das Thema Leichtbau im Reisebus wird sicherlich an Bedeutung gewinnen. Aber Leichtbau, egal auf welches Material der Konstrukteur setzt, ist immer teuer. Daher wird man sehr genau preissensibel hinschauen müssen, wo man am Fahrzeug Aluminium, Karbon oder andere Faserverbundstoffe einsetzen kann. Daher setzen wir am Anfang auf Dreiachser mit 14 m Länge. Das ist heute schon ein gängiges Reisebusmodell, das durchaus 2,5 t an Batterien tragen kann.

BM: Wie wollen Sie die neuen Reisebusse zukünftig mit Strom versorgen?

Kiess: Unsere Kollegen vom Lkw gehen in Richtung Megawatt-Charging, einem Schnellladesystem bei dem bis zu mehrere Megawatt Ladeleistung einmal möglich sein sollen. Dem Weg werden wir voraussichtlich folgen.

BM: Wie reagieren aktuell die Busunternehmer im Gespräch mit MAN auf einen zukünftigen Elektroreisebus?

Kiess: Zurzeit läuft eine europaweite Umfrage unter Busunternehmern zu ihrer Einstellung und zu ihren Bedenken. Dabei stehen vor allem Sorgen in Bezug auf die Reichweite eines E-Busses im Vordergrund. Man unterschätzt oft die zukünftige Leistungsfähigkeit von Batterien. Hier müssen wir noch Aufklärungsarbeit leisten.

BM: Wann wird MAN die Fertigung von Dieselmotoren beenden?

Kiess: Ein Ende des Diesels sehe ich nicht. MAN ist zum einen ein Konzern, der auf vielen Geschäftsfeldern unterwegs ist, wo Dieselaggregate noch lange benötigt werden. Zum anderen verkaufen wir auch Reisebusse in Länder außerhalb Europas, wo die Elektromobilität kein oder noch kein Thema ist.

Zudem wird die nächste Reisebusgeneration aus dem Hause MAN auch noch mit Euro-7-Dieselmotoren auf den Markt kommen.

BM: Herr Kiess, wir danken für Ihre Zeit und das Gespräch. Das Interview führte Chefredakteur Dirk Sanne.

Bildquelle: Claus Bünnagel

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