Wenn man ehrlich ist, was für eine Enttäuschung. Wer sich für Omnibusse interessiert und die diesjährige IAA-Transportation in Hannover besucht hat, hätte auch daheimbleiben können. Es gab sie nicht, die Omnibusse. Zumindest nahezu nicht.
Im Mittelpunkt stand der Bus in Hannover nie. Die IAA Nutzfahrzeuge, die erst mit diesem Mal IAA Transportation heißt, hatte immer ihren Fokus auf den schweren und leichten Nutzfahrzeugen. Sprich zuerst kamen die Lkw, dann die Transporter und danach mit erheblichem Abstand die Busse. Das war schon immer so, seitdem die IAA Pkw und IAA Nutzfahrzeuge getrennte Wege gehen. Also seit 1992.
Aber sie waren da, die Busse. Jeder Hersteller, soweit denn zu seinem Portfolio Omnibusse gehörten, zeigte sie, fein aufpoliert, in Hannover. Stadtbusse, Überlandwagen, Reisemodelle und Kleinbusse falls im Produktsortiment vorhanden. Das, was man so verkaufte, stand auch in Reih und Glied auf der IAA. Da fehlte kein aktuelles Modell, was es gegen gutes Geld gerade zu erwerben gab oder aber neue Trends setzte. Ebenso war jede Antriebsart vertreten. Der dominante Diesel, etwas schüchtern der CNG-Bus, selten die LNG-Variante und zunehmend der E-Bus.
Und ganz klar, man stellte sie zur Schau aus. Nomen ist Omen. Prächtige Kaventsmänner, die ihresgleichen suchten. Da stand ein Neoplan Skyliner und in der nächsten Halle ein Setra TopClass 500 S 531 DT. Ein Volvo 9900 zählte genauso dazu wie ein Irizar i6S. Da rollte ein Ebusco vor, glänzte ein Otokar, zeigte ein Golden Dragon seine Muskeln. Und in der zweiten Reihe parkten, genauso elegant herausgeputzt, die Kleinen. Ein Sprinter-Integralia, ein Auto aus dem Hause Altas oder ein Wagen von Steinborn, ein MAN-TGE oder ein MB-Sprinter aus Düsseldorf.
Goldene Zeiten verglichen mit heute.
Dieses Jahr setzte sich leider auf der IAA das fort, was man, wer denn sehenden Auges durch die Messehallen gegangen war, auf der IAA 2018 bereits erkennen konnte. Omnibusse spielen auf einer Internationalen Automobil Ausstellung der Nutzfahrzeuge zunehmend keine Rolle mehr. Man konnte zwar auch 2022 noch einzelne Stücke finden. So, wie man in der Karibik vermutlich einzelne Korallenbänke voller maritimen Lebens noch finden mag, während der Rest bereits im abgestorbenen Grau toter Kalkbänke versinkt.
Ein geschlossenes Portfolio an Omnibussen zeigten dieses Jahr nur noch einige Fahrzeugbauer aus der Türkei. Daimler Truck, der Name ist hier wirklich bezogen auf die IAA Nomen, MAN, Volvo, Solaris, Van Hool, VDL waren an der Leine nicht vor Ort – ignoriert man, dass der eine oder andere noch den Shuttleverkehr zwischen den Messehallen mit seine Bussen versah. Als wäre der Bus Bittsteller vor der Villentür, durch die man nun einfach nicht mehr treten darf.
Daimler Truck setzte dem Ganzen noch die Krone auf. Der Hersteller zeigte seine überarbeiteten Setra ComfortClass und TopClass 500 zwar am Vorabend der Messe den vom Konzern traditionell eingeladenen Fachjournalisten. An dem Pressetag der IAA durfte man als Fachjournalist mit den Bussen – außerhalb des Messegeländes – als Fahrgast auch mitfahren. Aber das war es dann auch. Die beiden Neulinge, eigentlich die Highlights auf jeder IAA Nutzfahrzeuge in Hinblick auf Busse, rollten danach wieder heimwärts. In Neu-Ulm durften sie im Anschluss von potenziellen Käufern bewundert werden. Zudem stehen die Setra demnächst auf weiteren nationalen Messen. Nur auf der IAA waren sie eben nicht zu sehen.
Was Till Oberwörder, Chef der Daimler-Busse nicht davon abhielt, auf der IAA zur Pressekonferenz einzuladen, ob wohl in den Messehallen selbst kein einziges seiner Fahrzeuge stand. Er betonte dort u. a., dass die Entscheidung von Daimler in Hannover keine Busse zu zeigen, erstmal nur für 2022 Gültigkeit hatte. Der IAA 2024 stehe man in dem Punkt noch ergebnisoffen gegenüber.
Insgesamt hat sich der Stand von Daimler Truck im Vergleich zu den letzten IAA-Messen mehr als halbiert. Das hatte mehrere Gründe: Zum einen waren die Omnibusse nicht mehr dabei, zum anderen hat man durch die Aufspaltung des Konzerns die Transporter nicht mehr im Portfolio. Auch die Kleinbusse auf Sprinter-Basis fertigt man nicht mehr. Darüber hinaus verzichtete man auf die dekorative Ausstellung von Fahrzeugen z. B. der US-amerikanischen Töchter wie Freightliner Trucks oder Thomas Built Buses mit seinen gelben Schulbussen. Daimler Truck zeigte in Hannover eben nur noch E- und H2-Trucks (und einige wenige Diesel-Lkw).
Auch andere Aussteller quer durch die Bank hatten auf der IAA ihre Präsentationsflächen verringert, wenn es auch nicht so auffällig war wie beim Branchenprimus Daimler. Viele Kleinbushersteller oder -aufbauer waren zudem nicht mehr zu sehen. Die asiatischen Busbauer fehlten nahezu komplett. In den letzten Jahren waren sie in Hannover immer mit an Bord und zeigten Messe nach Messe mehr von ihrer Muskelkraft.
Ihr Fehlen mag aber noch der Pandemie geschuldet sein. Ein Land wie China, das wegen weniger Corona-Fälle ganze Millionenstädte in die Isolation schickt, sendet auch keine Messeteams ins scheinbar corona-liberale Europa.
Was blieb dann noch in Hannover in Sachen Omnibus? Vor allem die die türkischen Hersteller sowie Iveco und Scania. Wobei, wenn man ehrlich ist, Iveco und Scania beide inmitten ihrer Lkw jeweils genau einen Omnibus platziert hatten. Einen einzigen. 2018 stand da noch eine Flotte. Eben von Klein- über Stad- Land- und Reise-, Diesel-, Gas- und Strombus. Und heuer? Wer über die Stände der beiden Hersteller gewandert ist, hat die beiden Busse vermutlich übersehen. Fahrzeuge für alle Nutzfahrzeugklassen, von 3,5 bis 44 t standen sowohl bei Iveco als auch bei Scania voll im Fokus… Und fragte man bei der Standbesatzung nach, so hieß es: „Ja, doch wir haben auch ‚nen Bus dabei. Er muss dahinten irgendwo stehen.
Ganz anders die Hersteller aus der Türkei. Mit allen Produkten an der Leine vor Ort. Und sei es nur, weil die Busbauer, aus welchen Gründen auch immer, nicht mitbekommen haben, dass Hannover kein Messeplatz mehr für den Bus ist. Die Kollegen aus Anatolien traten, wie es sich gehört, mit ihrem ganzen Portfolio an. Und sie konnten mit ihren Premierenfahrzeugen, wie z. B. Karsan mit seinem e-Ata 12 Hydrogen, beim Publikum punkten.
Ganz anders das Bild auf der InnoTrans in Berlin, die seit 2016 dem Omnibus eine Plattform bietet. Dabei hat der Bus auch dort keinen leichten Stand. Die InnoTrans ist vor allem ein Forum mit internationalen Charakter für Bahn- und Verkehrstechnik. Hier dominieren Eisen- und Straßenbahnen das Freigelände und die Hallen. War der Bus auf der IAA immer nur das Anhängsel des Trucks, so hängt er in Berlin am Rocksaum der Eisenbahnen.
Aber hier wurde er durchaus beachtet. Der Bus hat seine Ausstellungsfläche auf der Messe im sogenannten Sommergarten. Wer das Berliner Messegelände nicht kennt: Das ist eine ovale Grünanlage zwischen den nördlichen Hallen. Hier auf diesem zentralen Freigelände standen die Busse u. a. von Altas, Ebusco, Karsan, K-Bus, Otokar, Skoda, Solaris, Van Hool und VDL im Kreis aufgestellt. Verbunden über einen Betonweg konnte man mit den dortigen E-Bussen als Passagier auch eine kleine Runde drehen. Der erste Anblick wirkte ein wenig lustlos, denn die Fahrzeuge, je eins pro Hersteller, standen ohne große Dekoration und mit wenig mehr als einem Zelt oder Container als Unterstand im Grünen. Aber der Sommergarten ist zentral gelegen und ist zumindest an sonnigen Tagen auch Verschnaufsfläche für viele der Messegäste aus den Hallen.
Daher hatten die dortigen Busaussteller doch durchaus ein beachtliches Laufpublikum, das sich für die präsentierten E-und H2-Busse interessierte. Rege Nachfrage war also vorhanden. Inwieweit unter diesen auch Fachleute aus der Busbranche wandelten oder eben nur Eisenbahnspezialisten auf interessanten Abwegen, lässt sich nicht nachvollziehen.
In der Summe sind die Omnibusse aber auch auf der InnoTrans nicht dauerhaft gut aufgehoben. Und sei es nur, weil die Messe nicht mehr wirklich wachsen kann. Denn die Berliner Hallen sind bereits alle gut belegt und dem Omnibus bleibt nur die begrenzte Stellfläche draußen bei Wind und Wetter im Sommergarten. Zudem präsentiert man in Berlin nur Fahrzeuge für den ÖPNV. Für den Reisebus, der ja irgendwann auch wieder aus der aktuellen wirtschaftlichen Versenkung kommen wird, ist die InnoTrans das falsche Forum. Berlin ist also kein Ersatz für Hannover.
Es bleibt also die Frage, wo in Mitteleuropa sich noch ein zweiter Messeplatz für die gesamte, gar nicht so kleine Welt der Busse finden lässt. Die Busworld in Brüssel (7.-12.10.2023) ist unbestritten ein solches Forum, das der Branche genügend Raum und Zeit bietet. Ein zweiter Kristallisationspunkt könnte die bus2bus werden, wenn ihre Messebetreiber (Messe Berlin, bdo) es geschickt anstellen. Sie sieht sich als ganzheitliche Businessplattform (inkl. bdo-Kongress) für die deutsche und europäische Bus- und Zulieferindustrie. Noch ist sie davon mit gerade einmal zwei belegten Hallen weit entfernt und noch ist der Reisebus dort unterrepräsentiert. Aber sie will wachsen und genügend freie Messehallen gibt es zu der Zeit in Berlin ebenfalls.
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