E-Bustest (Teil V): Zwei Busse außer Konkurrenz

Die Umstellung der Busflotten auf alternative Antriebe kann verschiedenen Technologiepfaden folgen: Mit einem Brennstoffzellenbus und auf E-Antrieb umgerüsteten ehemaligen Dieselbus konnte man zwei weitere Varianten der Elektromobilität beim E-Bus-Vergleichstest in Bonn in Augenschein nehmen.

Es waren E-Gelenkbusse von sechs verschiedenen Busherstellern, die beim großen Vergleichstest in Bonn mit engagierter Unterstützung der SWB im Mittelpunkt standen. Außer Konkurrenz traten aber in einem gesonderten Begleitprogramm ein Brennstoffzellenbus vom Typ Van Hool A 330 FC (12 m) des Regionalverkehr Köln (RVK) und ein auf Elektroantrieb umgerüsteter Citaro (12 m) des Umrüstspezialisten Pepper Motion (ehemals e-troFit) an. Die beiden Fahrzeuge waren dabei auf einer gesonderten Teststrecke unterwegs und absolvierten ebenfalls ein umfangsreiches Testprogramm. So wurden sie in der Werkstatt genau in Augenschein genommen sowie einem intensiven Check unterzogen, wie dies auch bei den E-Gelenkbussen der Fall war. Damit hatten die Teilnehmer der Veranstaltung ausgiebig Gelegenheit, auch diese beiden Busse genauestens zu begutachten und hierbei einen Blick auf Verarbeitungsqualität, Ausstattungsvarianten und Fahrverhalten zu werfen, um sich ein Bild dieser Fahrzeuge machen zu können.

A 300 FC: Einer der Leistungsstärksten

Vab Hool A 330 FC

Der Brennstoffzellenbus A 330 FC von Van Hool ist ein Fahrzeug, das sich im Alltagseinsatz bereits über einen längeren Zeitraum bewährt hat und das den Blick darauf lenkt, dass die Umstellung auf alternative Antriebe nicht automatisch batterieelektrischer Antrieb bedeuten muss, sondern technologieoffen erfolgen kann. Die Technik sei marktreif und verfügbar, betont man beim Regionalverkehr Köln und verweist auf einen wichtigen Aspekt: Mit den Brennstoffzellenbussen lassen sich bei der RVK die Dieselbusse eins zu eins ersetzen, während bei einer Umstellung auf batterieelektrische Fahrzeuge angesichts der Umläufe eine höhere Zahl an Bussen nötig gewesen wäre. In den kommenden Jahren wolle man insgesamt rund 200 Brennstoffzellenbusse anschaffen, erklärte das Verkehrsunternehmen. Neben den Bussen von Van Hool setzt man hier übrigens auch auf Fahrzeuge von Solaris, von denen die ersten Busse bereits eingetroffen sind.

Der Bus, der beim Test in Bonn auf die Strecke ging, war 12 m lang und hatte ein Leergewicht von 16.630 kg. Die fünf Wasserstoffbehälter fassen je 322 l, das sind ca. 38,5 kg Wasserstoff bei 350 bar. Die Brennstoffzelle ist eine Ballard HD 85, der Elektromotor kommt von Siemens mit einer maximalen Leistung von 2x 85 kW. Die Reichweite gibt der Hersteller mit bis zu 350 km an.

Die Fahreigenschaften des Brennstoffzellebusses wurden beim Bonner Test meist mit den Noten „gut“ bis „sehr gut“ bewertet. Sowohl in den Rubriken Fahrsicherheit als auch Wank- und Nickneigung, Wendigkeit, Abrollkomfort, Federungskomfort und Vibrationen erhielt der Van Hool-Bus ausgezeichnete Noten, die meist in den Bereich „sehr gut“ gingen. In den Kategorien „ansprechende Lenkung“ und „Lenkung Servo oder elektronisch“ tendierten die Noten mehrheitlich zu „gut“ und es gab Kommentare wie „Lenkung liegt gut in der Hand, in der Mitte wenig Gefühl“, gutes Feedback sowie „spricht direkt und weich an“.

Ebenfalls sehr gut kam der Brennstoffzellenbus im Bereich Antrieb an, gerade in der Kategorie „Leistung“ bekam der A 330 FC Spitzenbewertung, „hat Kraft“ oder „einer von den Leistungsstärksten“ waren zwei der Kommentare seitens der Testfahrern, die anerkennend vermerkten: „Zieht zügig an und im Berg“.

Etwas weniger gut kam der Fahrerarbeitsplatz weg. Speziell die Anordnung der Schalter oder auch die Verstellbarkeit des Armaturenbrettes wurden von den Testfahrern meist mit „gut“ bis „mäßig“ bewertet. „Ich musste den Lichtschalter einige Minuten suchen“ oder „fast alles in linker Leiste“ bis zu „etwas verwirrend“ oder „ungewohnt“ lautete hier die Kritik, so dass diesbezüglich Optimierungsbedarf besteht.

Eine Frage der Rahmenbedingungen

Der Tankvorgang, der im Zuge des Werkstatt-Checks durchgeführt wurde, zeigte dann einen der Vorzüge, den ein Brennstoffzellenbus eben gegenüber dem batterieelektrischen Bus hat: die kurze Betankungszeit. „Ist nach etwa zehn Minuten vollgetankt“ lautete das Fazit.

Bleibt die Frage der Kosten, schließlich wird gerade grüner Wasserstoff auf absehbare Zeit knapp und dementsprechend teuer bleiben. Auch eine Infrastruktur für die Versorgung mit Wasserstoff existiert flächendeckend in Deutschland bisher nicht und muss entsprechend aufgebaut werden. Das kostet, was man bei der Frage Batterie oder Brennstoffzelle berücksichtigen muss.

Bei der RVK ist es die Wasserstoff-Infrastruktur in der Region, die günstige Voraussetzungen für den Einsatz der Busse bietet, die für ihren Einsatz sprach. Durch die Nähe zur chemischen Industrie bot sich hier eine ideale Infrastrukturbasis. Derzeit greift die RVK auf fünf Tankstellen in ihrem Verkehrsgebiet zu. Dies sind zwei eigene in Wermelskirchen im Rheinisch-Bergischen Kreis (RBK) und in Meckenheim im Rhein-Sieg-Kreis (RSK), eine Tankstelle des RVK-Gesellschafters Stadtwerke Hürth in Hürth sowie zwei öffentliche Tankstellen anderer Betreiber am Köln Bonner Flughafen und in Frechen. Zu den bereits existierenden Anlagen werden an allen Standorten weitere Wasserstofftankstellen, auch RVK-eigene Tankstellen hinzukommen.

Die Umstellung auf Brennstoffzellenbusse bei der RVK wird durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert. Konkret wurden Anfang 2022 Fördermittel in Höhe von 33888000 E bereitgestellt. Die Verteilung der ersten 79 Fahrzeuge ist gemäß der Beauftragung durch die RVK-Gesellschafter mit 31 Fahrzeugen für den Einsatz im RBK, mit 35 Bussen im linksrheinischen RSK und mit 13 Fahrzeugen für die Stadtbusstädte Brühl, Hürth und Wesseling im Rhein-Erft-Kreis eingeplant.

Die Beschaffung von Gelenkomnibussen hänge derzeit noch stark an der „Verfügbarkeit auf dem Markt“, so die RVK, die im vierten Quartal 2022 damit rechnet, erste Fahrzeuge erproben zu können. Dagegen sollen nach dem derzeitigen Stand die ersten 20 Solo-Brennstoffzellenbusse aus dem neuen Förderpaket eventuell noch im Dezember 2022 an die RVK ausgeliefert werden.

Die Varianten der Elektromobilität

„Wir sind überzeugt, dass die verschiedenen emissionsfreien Antriebslösungen, die wir anbieten, nämlich Batterie, Oberleitung und Wasserstoff, je nach örtlicher Anwendung ein trefflicher Ansatz zur Ökologisierung der Busflotten ist, an der die öffentlichen Verkehrsgesellschaften in aller Welt derzeit arbeiten“, sieht Filip Van Hool, CEO Van Hool, übrigens keinen Gegensatz zwischen den Technologien. Van Hool hat nach eigenen Angaben inzwischen über 1200 Elektrofahrzeuge ausgeliefert.

Die große Stärke des Unternehmens sieht Filip Van Hool darin, dass man „eine gewaltige Erfahrung in einer ganzen Reihe komplexer Kfz-Elektroantriebstechniken aufgebaut“ habe, bis hin zu rein batterieelektrischen Fahrzeugen und der dazugehörigen Ladeinfrastruktur. Es kommt eben darauf an, was vor Ort passt, sieht man beim belgischen Hersteller die Situation pragmatisch.

Offensichtlich mit Erfolg: So wird in Hessen die RMV-Tochtergesellschaft Fahma zwei Brennstoffzellenbusse von Van Hool erwerben. Ab Ende 2022 sollen verschiedene Verkehrsunternehmen im Auftrag des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV) und der Verkehrsgesellschaft Oberhessen (VGO) die Busse einsetzen. Die Fahrzeuge sind dann auf regionalen und lokalen Linien im Landkreis Gießen unterwegs. Der Auftrag erfolgte im Zuge der sogenannten „Lernwerkstatt“, mit der RMV und seine Partner erproben wollen, wie man Wasserstoffbusse effizient im öffentlichen Nahverkehr einsetzen kann. „Mit Projekten wie der Lernwerkstatt sammeln wir nicht nur selbst Erkenntnisse zu den noch recht selten eingesetzten Wasserstofffahrzeugen, sondern ermöglichen es auch Verkehrsunternehmen, die Technologie in der täglichen Praxis zu erleben“, erklärte RMV-Geschäftsführer Knut Ringat.

Die von der Fahma angeschafften Brennstoffzellenbusse sollen zwischen Sommer 2022 und Ende 2024 in einer ersten Phase auf verschiedenen Linien im Landkreis Gießen zum Einsatz kommen. Dies geschieht im Rotationsprinzip auf Bestandslinien des RMV sowie der VGO. Die Fahrzeuge werden über eine öffentliche Wasserstofftankstelle in Gießen mit grünem Wasserstoff betankt. Ab Ende 2024 ist der Einsatz dann in einem im Wettbewerb vergebenen regionalen RMV-Linienbündel geplant. Die Ausschreibung der Verkehrsleistung über acht Jahre erfolgt voraussichtlich im Jahr 2023. Das Gesamtinvestitionsvolumen der Fahrzeugbeschaffung des Projekts „Lernwerkstatt” beläuft sich auf rund 1,4 Mio. E.

Ein anderes Produkt von Van Hool ist der Exqui City, der die Flexibilität eines Busses mit der Effizienz einer Straßenbahn kombinieren will, wie Van Hool das Konzept beschreibt. Der Fahrzeugtyp basiert auf einer mehrfachen Antriebsplattform, die jetzt zu 100 % emissionsfrei ist: Batterie-, Oberleitungs- und Wasserstoffantrieb. Mittlerweile verkehren nach Herstellerangabe bereits über 300 Trambusse in 17 Städten, hauptsächlich in Europa, doch auch im französischen Übersee-Département Martinique.

Umrüsten statt Abstoßen

Citaro I Pepper Motion (ehemals e-trofit)

Auf die Umrüstung bereits vorhandener Busse setzt man beim Umrüst-Spezialisten Pepper Motion (ehemals e-troFit), der in Bonn einen auf Elektroantrieb umgerüsteten Citaro zeigte – der neben den Fahrten auf der Fahrstrecke auch für den Transfer der Veranstaltungsteilnehmer vom Hotel zum Betriebshof der Bonner Stadtwerke eingesetzt wurde.

„Re-Use statt Abstoßen von gut erhaltenen Fahrzeugen lautet nun auch die Devise für den ÖPNV. Retrofitting hilft den Verkehrsbetrieben und Flottenbetreibern, den Lebenszyklus von Bussen zu verlängern. Allein die Tatsache, dass die Herstellung eines Bus-Chassis mehr CO2 erzeugt als die verwendeten Batterien in einem Elektrobus, fordert ein Umdenken hin zu echter Nachhaltigkeit“, erklärte Andreas Hager, Geschäftsführer von Pepper Motion, zuletzt anlässlich der Teilnahme des Unternehmens an der Fachmesse Bus2Bus in Berlin.

Das deutsche Unternehmen Pepper Motion hat seinen Sitz in Denkendorf und unterhält Büros in Garching bei München, Paderborn und Wien. Nach eigenen Angaben beschäftigt man über 100 Mitarbeiter. Pepper Motion bietet Lösungen für die Elektrifizierung (Retrofitting) von gebrauchten und neuen Nutzfahrzeugen an. Man ist ISO 9001 zertifiziert und gewährleistet Betriebssicherheit nach internationalen Standards der Automotive Industrie wie funktionale Sicherheit ISO 26262. Dabei verfolgt man einen ganzheitlichen Ansatz bis hin zu Telematik, Ladeinfrastruktur, Flottenmanagement und autonomem Fahren. Ziel seien „schnell umsetzbare und kosteneffiziente Lösungspakete für den nachhaltigen Mobilitätswandel und ein Second Life von bestehenden Nutzfahrzeugen“.

Blick auf den neuen Förderaufruf

Der umgerüstete Citaro 1, der in Bonn auf die Strecke ging, kam auf jeden Fall schon einmal sehr gut bei den Testfahrern an. „Hervorragend“ oder aber „stärkste Beschleunigung aller Testbusse“ lauteten die Kommentare, das Anfahrverhalten am Berg wurde mit „Wow“ kommentiert und erhielt Bestnoten von nahezu allen Teilnehmern. Generell bewegten sich die Noten in den Bereichen „Fahreigenschaften“ und „Antrieb“ überwiegend im Bereich „sehr gut“, hier ließ das umgerüstete Fahrzeug kaum Wünsche offen, wenn man von vereinzelten Stimmen wie „einige Vibrationen im Heck“ einmal absieht, meist hier es schlicht: „Fahrverhalten sehr gut“.

Nicht ganz so hervorragend schnitt der Fahrerarbeitsplatz ab, kritisiert wurden unter anderem der alte Fahrersitz oder der Umstand, dass sich die Sitzfläche nicht kippen lässt. Generell bot der Platz für den Fahrer zu wenig Komfort: „Kein Becherhalter, keine Ablagen, auch nicht in der Kabine“ oder „kaum etwas da, kein Fach für Fahrertasche“ oder aber „zu wenig Ablagen“ lautete die nahezu einhellige Kritik. Hier sollte der Anbieter unbedingt nachrüsten.

Beim Aufbau und dem Fahrgastinnenraum zeigte sich Altbekanntes – oder eben auch Altbewährtes – aus dem tausendfach eingesetzten Citaro-Stadtbus. Aber man muss ja das Rad nicht immerzu neu erfinden.

Mit Blick auf das Thema Umrüstung von Bestandsfahrzeugen auf Elektroantrieb, verwies Pepper-Motion-Chef Hager übrigens auf den neuen Förderaufruf der Bundesregierung, der in der nächsten Zeit erwartet wird und den Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zuletzt auch bei einer Veranstaltung in Mannheim angekündigt hat. Dieses Förderprogramm für „Alternative Antriebe von Bussen im Personenverkehr“ zur Elektrifizierung des ÖPNV soll nicht nur mittelstandsfreundlicher sein, sondern laut Hager soll dann die Umrüstung dem Neukauf von Fahrzeugen gleichgestellt werden.

Bildquellen: Jürgen Görgler

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