Der RDA in Köln weist auf juristische Entscheidungen des BGH in puncto „Rücktritt vom Pauschalreisevertrag wegen Covid-19-Rückforderung von Anzahlungen“ hin.
Der für Pauschalreiserecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. August 2022 drei unterschiedliche Entscheidungen im Zusammenhang mit der Rückforderung von auf den Reisepreis geleisteten Anzahlungen gefällt. In den Vorinstanzen hatten alle drei Klageverfahren Erfolg.
Im Verfahren X ZR 66/77 verlangte die Klägerin die Rückzahlung der von ihr geleisteten Anzahlung für eine von ihr gebuchte Donaukreuzfahrt im Juni 2020, nachdem sie wegen des Vorliegens der COVID-19-Pandemie vom Reisevertrag zurück getreten war. Der BGH hat entschieden, dass die Vorinstanzen der Klage zu Recht stattgegeben hätten. Das Berufungsgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass zum Zeitpunkt des Rücktritts vom Reisevertrag eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB hinreichend wahrscheinlich gewesen sei. Aufgrund der räumlichen Verhältnisse an Bord des Flusskreuzfahrtschiffs, der nicht bestehenden Impfgelegenheit, der zum damaligen Zeitpunkt nicht vorhandenen Therapien gegen COVID-19 und unter der pandemiebedingten Berücksichtigung des Alters der Klägerin sei deren unzumutbare Gesundheitsgefährdung zu bejahen. Daran ändere auch das Hygienekonzept des beklagten Reiseveranstalters nichts und die Tatsache, dass eine befristete Reisewarnung noch vor Beginn der Reise abgelaufen war.
Im Verfahren X ZR 84/21 ging es um die Rückforderung der für eine Mallorca Reise geleisteten Anzahlung, nachdem der Kläger von der Reise wegen COVID-19 zurückgetreten war. Das vom Kläger gebuchte Hotel war zum Zeitpunkt des Rücktritts des Klägers und zum Reisezeitpunkt geschlossen. Der BGH hat das der Klage stattgebende Berufungsurteil aufgehoben und festgestellt, dass der unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Verbraucherschutzverbands und allgemeine Schutzmaßnahmen in Sachen COVID-19 erfolgte Vortrag des Klägers, nicht ergeben hätte, welche konkreten Infektionsrisiken zum Reisezeitpunkt auf Mallorca bestanden hätten. Eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB lasse sich auch nicht aus der Tatsache herleiten, dass das gebuchte Hotel im Reisezeitraum geschlossen war. Ob eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, ergebe sich aus deren Art und Dauer und einer anhand von Zweck und konkreter Ausgestaltung der Reise durchgeführten Gesamtwürdigung. Diese sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dann erforderlich, wenn der Reisende in einem anderen Hotel untergebracht werde. Da das Berufungsgericht die erforderliche Gesamtwürdigung unterlassen habe, sei das Verfahren an dieses zurückzuverweisen.
Im Verfahren X ZR 3/22 hatte der Kläger eine Ostseekreuzfahrt gebucht, von der er zurückgetreten war. Die Reise wurde später vom Veranstalter abgesagt. Der Kläger fordert die von ihm geleistete Anzahlung zurück. Dieses Verfahren hat der BGH bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in dem dort anhängigen Verfahren C-477/22 (X ZR 53/21) ausgesetzt. Wie wir in unserem Mailing vom 2. August 2022 dazu ausführlich berichtet hatten, geht es bei dem Verfahren vor dem EuGH im Wesentlichen um die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob die unvermeidbaren außergewöhnlichen Umstände des Art. 12 Abs. 2 der Pauschalreiserichtlinie (EU) Nr. 2015/2302 und des § 651h Abs. 3 BGB bereits zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Kunden vorgelegen haben müssen oder ob dem Reiseveranstalter auch dann kein Entschädigungsanspruch zusteht, wenn diese Umstände erst nach der Rücktrittserklärung eingetreten sind.
Die Entscheidungsgründe des BGH in den drei Verfahren liegen noch nicht schriftlich vor. Die Pressemitteilung des BGH mit den Aktenzeichen der Vorinstanzen findet man hier.
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