Stationärer Stromspeicher aus gebrauchten eCitaro-Batterien geht in Betrieb

Der Lebenszyklus einer Antriebsbatterie endet nicht zwangsläufig nach dem Betrieb in einem Fahrzeug. Dies beweist das Pilotprojekt GUW+ der Üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG, an dem Daimler Buses als Partner beteiligt ist. In dem 2021 angekündigten Projekt erhalten Batteriesysteme aus Mercedes-Benz eCitaro Stadtbussen ein zweites Leben als stationärer Energiespeicher.

Die innovative Energiespeicher-Lösung ist von der Mercedes-Benz Energy GmbH entwickelt und umgesetzt worden. Das Speichersystem im Gleichrichter-Unterwerk der Üstra, das jetzt in Hannover in Betrieb gegangen ist, ermöglicht die gemeinsame, zeitgleiche Energieversorgung der eCitaro Elektrobusse und Stadtbahnen des ÖPNV-Unternehmens. Die stationäre Speicherlösung in diesem Pilotprojekt ist nicht nur rückspeisefähig und regelbar, sie kann auch individuell an andere Anwendungsbereiche angepasst und entsprechend skaliert werden.

Weitere Pluspunkte: Die Weiternutzung der Batterien im Second-Life-Betrieb als stationärer Energiespeicher reduziert die Lebenszykluskosten des eCitaro. Zugleich wirkt sich bei der Üstra die Nutzung der bestehenden Infrastruktur aus Gebäude, Netzanschluss und Leistungselektronik positiv auf die Investitionskosten aus und ermöglicht weitere Amortisationswege.

Der stationäre Stromspeicher verfügt über eine Gesamtkapazität von mehr als 500 kWh. Er besteht aus 28 Second-Life-Batteriesystemen aus dem Mercedes-Benz eCitaro. Jeder eCitaro Stadtbus verfügt über leistungsstarke NMC-Akkupakete, die nun erstmals beim Erreichen ihrer fahrzeugspezifischen Reichweitengrenze im Pilotprojekt GUW+ in Hannover ein zweites Leben in einem stationären Energiespeicher erhalten.

Hat eine elektrische NMC-Antriebsbatterie im vollelektrisch angetriebenen, lokal emissionsfrei und leise fahrenden Stadtbus Mercedes-Benz eCitaro nach rund fünf bis sechs Einsatzjahren etwa 80 % ihrer ursprünglichen Kapazität erreicht, erfordert dies in der Regel einen Austausch, um die notwendige Reichweite der Stadtbusse zu gewährleisten. Im stationären Betrieb, bei dem Kapazitätsverluste nur eine untergeordnete Rolle spielen, sind die Akkus jedoch noch bis zu zehn Jahre lang voll einsatzfähig. Die Weiterverwendung der Batterien in einer Second-Life-Applikation als stationäre Energiespeicher-Module erweitert damit ihren wirtschaftlichen Nutzen und unterstützt die Umweltbilanz des eCitaro.

Die Batterien im stationären Batteriespeicher-Pilotprojekt der Üstra stammen derzeit noch aus eCitaro Stadtbussen, die von Daimler Buses über tausende Kilometer für Erprobungsfahrten eingesetzt wurden. In Zukunft kann der stationäre Energiespeicher mit ausgetauschten Batterien aus den aktuell 49 vollelektrisch angetriebenen eCitaro Solo- und Gelenkbussen der Üstra erweitert werden.

Das Gleichrichter-Unterwerk in Hannover versorgt die Stadtbahnen ebenso wie die Elektrobusse der Üstra und ist an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Der Energiespeicher dient dabei als Puffer zur effizienten Nutzung der anfallenden Rekuperationsenergie im Rahmen des Stadtbahnbetriebs. Die dabei gespeicherte Energie ermöglicht den Ausgleich von Lastspitzen und einen reibungslosen Weiterbetrieb bei Netzausfällen. Darüber hinaus steht bei der Üstra auch die Versorgung der öffentlichen Ladeinfrastruktur und die Einspeisung von Überkapazitäten ins öffentliche Stromnetz im Fokus. In Zeiten, in denen zu viel Strom produziert und ein erhöhter Bedarf im öffentlichen Netz festgestellt wird, sollen diese Spitzen abgefangen, das Stromnetz entlastet und Blackout-Szenarien in der Energieversorgung beherrschbar gemacht werden.

Für die Aufladung der eigenen Elektrobusse über den Speicher des Gleichrichter-Unterwerks hat die Üstra eine speziell dafür ausgelegte Ladestation auf ihrem Betriebsgelände eingerichtet. Seit 2021 befand sich das Pilotprojekt zur erstmaligen Integration von gebrauchten E-Bus-Batterien aus Vorserienfahrzeugen des eCitaro in der Umsetzungsphase, die nun mit der vollumfänglichen Integration des Batteriespeichers abgeschlossen wurde und den regulären störungsfreien Betrieb sicher und dauerhaft gewährleistet. Neben intensiven Testläufen erfolgte in der Erprobungs- und Identifikationsphase die Einbindung in das gesamte technische Umfeld und die elektrotechnischen Steueranlagen des Stadtbahn-Stromnetzes der Üstra sowie die Finalisierung des Brandschutzkonzepts.

Das Konzept des stationären Batteriespeicher-Pilotprojekts GUW+ dient in erster Linie der Validierung für eine mögliche Bestückung mit Batterien aus dem regulären eCitaro Busbestand der Üstra, nachdem diese ihre Kapazitätsgrenze erreicht haben.

Seit 2020 hat die Üstra 49 eCitaro Elektro-Stadtbusse sukzessive in ihren Betrieb aufgenommen, deren 490 Batterien voraussichtlich ab 2026 schrittweise in die Second-Life-Speicherlösung integriert werden können. Dies würde die Üstra in die Lage versetzen, ihren Energiebedarf dann komplett mit eigenen Batterien im stationären Second-Life-Einsatz abzudecken und die Wirtschaftlichkeit zu steigern.

Bildquelle: Daimler Truck