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Ebusco 3.0 12 LF: Innovativer Leichtbaubus mit Stärken und Schwächen

Im äußeren Erscheinungsbild kommt der Ebusco 3.0 12 LF eher schlicht und konventionell daher. Aber der niederländische Teilnehmer beim 5. Bonner E-Bustest Mitte April 2023 hat innere Werte, die Peter Bijvelds, Visionär, CEO und Gründer von Ebusco, mit seinem Team nun auch verstärkt auf die Straße und damit auch als Partner für den ÖPNV hierzulande einbringen. Bereits zum vierten Mal nahm das 2012 gegründete Unternehmen mit einem Bus am Bonner Vergleichstest teil. Mit dem Ebusco 3.0 12 LF wollen die Niederländer nun Maßstäbe setzen. Ob und wenn wo ihnen das gelungen ist, lesen Sie im fünften Teil unseres Rückblicks auf den großen Vergleichstest.

Sparen, aber nicht am falschen Ende. So könnte man den Ansatz des niederländischen Busbauers Ebusco auf den Punkt bringen. 2012 neu gegründet, brauchte sich Ebusco-Mastermind Peter Bijvelds nicht mit irgendwelchen „Altlasten“ wie Umstellung von fossilen auf erneuerbare Brennstoffe zu beschäftigen, sondern konnte direkt „in die Vollen“ mit der Herstellung sowie Vertrieb von Elektrobussen und der Ladeinfrastruktur gehen. So besteht bereits seit mehreren Jahren eine Partnerschaft mit den Stadtwerken München, deren Ziel es ist, ihre ÖPNV-Flotte innerhalb von zehn Jahren überwiegend auf Elektroantrieb umzustellen.

Nicht nur durch die Zusammenarbeit mit Bayerns Landeshauptstadt schnell größer geworden gab es für Ebusco 2018 dann doch eine Veränderung mit dem Umzug vom niederländischen Helmond ins nahegelegene Deurne und den besseren Voraussetzungen dort für eine Steigerung der Produktion. Hier entstand der Ebusco 3.0, der sich als Vorserienfahrzeug im April dieses Jahres dem Vergleichstest in Bonn unterzog.

Leichtbauweise wirkt sich positiv aus


Die eigenen Vorschusslorbeeren waren groß, denn was den Aufbau und die Platzierung der Batterien angeht, schlägt Ebusco andere Wege ein als die Mitbewerber. So rühmen sich die Niederländer einen „innovativen, vollelektrischen Bus entwickelt zu haben, der über alle bisherigen Grenzen hinausgeht, um die Welt des öffentlichen Personenverkehrs ganz neu zu definieren“.

Große Töne und was steckt dahinter? In erster Linie GFK, ein aus der Luft- und Raumfahrt bekannter, glasfaserverstärkter Kunststoff am Aufbaugerippe und am Dach, der zusammen mit dem Vollverbundkunststoff der Seitenteile eine erhebliche Gewichtsreduzierung bewirkt. Die Waage auf dem Testgelände in Bonn schlägt bei 10460 kg aus (ohne Fahrer), was den Ebusco 3.0 zum mit Abstand leichtesten Fahrzeug beim E-Bustest macht. Damit einher gehen weitere Vorteile, die sich laut Hersteller positiv auf die Gesamtbetriebskosten auswirken. Das Composit-Material ist rostfrei und kann bei Unfällen durch Ersatz der beschädigten Teile schnell und kostengünstig ersetzt werden. Das senke zum einen die Wartungskosten, zum anderen erhöhe sich die Lebensdauer des Busses auf 20 bis 25 Jahre. Dank der Leichtbauweise erhöht sich die Reichweite des Ebusco 3.0 laut Datenblatt deutlich, auf bis zu 575 km.

Der Blick in den Fahrgastraum offenbart ebenso wie beim Blick auf Dach und Heck Erstaunliches. Völlig ebener Boden und im Gegensatz zu den Mitbewerbern viel Platz auf dem Dach und auch im Heck, da fragt man direkt: Wo sind sie? Gemeint sich die Batteriepakete, die bei allen anderen Testfahrzeugen auf dem Dach, am Heck oder in Kombination aus beidem untergebracht sind. Antwort: Im Boden, zwischen den Achsen des aus finnischem Stahl verbauten Fahrwerks. Dazu wurde die elektrisch angetriebene, original zwillingsbereifte ZF-Hinterachse durch Verlängerung der Achsbrücke zur Einfachbereifung mit der Reifengröße 275/70 R 22.5 angepasst. Während die Batterien samt Verkleidung nur rund 10 cm nach unten herausstehen, kommt der Innenraum ohne Podeste aus. So kommt den Fahrgästen ein ebener Boden mit breitem Mittelgang zu Gute, die Einstiegshöhe an allen drei Türen ist mit jeweils 340 mm ebenfalls sehr benutzerfreundlich.

Zur Erhöhung des Fahrgastkomforts tragen nach Herstellerangaben zudem das Panoramafenster im Dach (dank der Verlagerung der Batterien) sowie die erhöhte Flexibilität im ÖPNV-Betrieb bei, u.a. dank der auf bis zu 90 cm zwischen den Radkästen vergrößerten Innenbreite. Ebenfalls positiv ist das Fehlen von Schmutzecken, die Sitze sind an den Seitenwänden hängend montiert. So weit, so gut – wenn der Bus steht.

Im Fahrbetrieb geht es dann zur Sache und zwar mit der Geräuschentwicklung im Passagierraum. Vor allem in Kurven und bei Fahrbahnunebenheiten klappert und knarzt es überall. Also sowohl vorne im Eingangsbereich, an den Sitzen sowie an den gelb lackierten Haltestangen für die Stehplätze. Der Grund dafür könnte an den Verbundwerkstoffen der Karosserie liegen, die für mehr Vibrationen sorgen als bei einem konventionellen Aufbau. Oder ist das meine subjektive Wahrnehmung? Auf Nachfrage bei den Fahrern zeigt sich ein ähnliches Bild. Infolge der zum Teil schlechten Straßenverhältnisse entlang der Teststrecke hatten alle E-Busse einiges auszuhalten. Vor allem bei Schlaglöchern aber tat der Ebusco noch mehr in den Ohren weh als die anderen Kandidaten. Die Federung verzieh wenig, die Testfahrer monierten u.a. ein heftiges Rappeln am Armaturenbrett sowie an der Kabinentür. Dennoch erhielt der Fahrerarbeitsplatz durchweg gute Bewertungen, insbesondere das digitale, einfach gestaltete Display.

Tiefergelegter Ebusco erfordert besondere Aufmerksamkeit beim Rangieren

Was das Fahren an sich angeht, lobten die Tester die Straßenlage des Ebusco 3.0. Der niedrige Schwerpunkt sorge für „hervorragende Richtungsstabilität und außergewöhnliche Lenkbarkeit“ heißt es im Datenblatt des Herstellers. Das stimmte wohl mit den Einschätzungen der Fahrer überein. Schwieriger wurde es allerdings, wenn der „tiefergelegte“ E-Bus aus den Niederlanden eine Haltesteller wie in Bonn-Ramersdorf anfährt. Die Bekanntschaft mit der hohen Bordsteinkante am Buszustieg tat in einem Fall auch mir als Fahrgasttester dann richtig weh. Das Ergebnis war auch nicht schön anzusehen, denn zurück blieb ein heftiger Kratzer im ehemals blaufarbenen Kunststoff. Da half dann auch das Kamerasystem, das anstelle der Außenspiegel die Sicherheit und Aerodynamik des Busses verbessern soll, wenig. Im „richtigen“ Einsatz bedeutet das für das Fahrpersonal: üben und sich mit den Maßen bzw. Fahreigenschaften des Ebusco 3.0 vertraut machen, sonst wird das mit den angestrebten und vom Hersteller in Aussicht gestellten reduzierten Gesamtbetriebskosten eher wenig.

Fazit: Der Ebusco 3.0 hat was. Keine Frage, das Konzept mit diversen Maßnahmen zur Erhöhung der Reichweite, zur Reduzierung des Verbrauchs sowie der Wartungs- bzw. Gesamtbetriebskosten und zur Verlängerung der Lebensdauer ist interessant und fällt – was die Erfolgsmeldungen aus München oder aus Moers, wo die Niederrheinische Verkehrsbetriebe AG 31 Fahrzeuge des Ebusco 3.0 bestellt hat – auch hierzulande auf fruchtbaren Boden. Gegenüber dem Vorgängermodell Ebusco 2.2 spart der „Neue“ laut Hersteller rund 30 % Energie ein. Er sieht auch gut aus, in diesem Falle ist schlicht und ohne optische Waagnisse positiv gemeint. Gleichwohl ist auch hier Luft nach oben, was Komfort für Fahrer und Fahrgäste sowie Geräuschentwicklung angeht. Wenn im Datenblatt des Herstellers von „erheblicher Lärmminderung“ die Rede ist, möchte man eigentlich gar nicht wissen, was vorher Sache war. Beim E-Bustest in Bonn im Frühjahr 2023 gab´s jedenfalls reichlich auf die Ohren.

Ebusco 3.0 12 LF Technische Daten

Ausführung Testfahrzeug: dreitüriger Stadtbus

Länge: 12 m

Breite: 2,55 m

Höhe: 3,2 m

Leergewicht: 10460 kg

Zul. Gesamtgewicht: 16330 kg

Achslast: 1. Achse: 8200 kg, 2. Achse 10350 kg

Kapazität: 86 (53 Stehplätze)

Stehflächen: Innenstehhöhe 2.350 mm

Einstiegshöhe: jeweils 340 mm vorne/Mitte/hinten

Türbreiten: 1200 mm vorne/Mitte/hinten

Türantrieb: elektrisch

Aufbau: glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK)

Antrieb: 2 x ZF asynchron, Portalgehäuse

Batterien: CATL (LFP), Platzierung am Boden, Gesamtkapazität bis zu 250 kWh, davon nutzbar bis zu 225 kWh

Batterie-Optionen: bis zu 250 kW oder 350 kW

Max. Ladeleistung Stecker: 150 kW

Max. Reichweite: bis zu 575 km

Lenkung: Elektrohydraulisch 24 V

Fenster: getönte Seitenscheiben

Bestuhlung Fahrgastraum: Kiel Ideo

Fahrersitz: Isri 6860/885 NTS2

Heizung/Klimaanlage: Thermoking mit Wärmepumpe, Zusatzheizung fossil

Bereifung: 275/70 R 22,5

Außenspiegel: Kamerasystem

Bildquelle: Ralf Theisen

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