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5. Bonner E-Bustest: eCitaro – ein überzeugender Praktiker

Mit fünf Konkurrenten maß sich der Mercedes-Benz eCitaro beim 5. E-Bustest Mitte April in Bonn. Höchst erfolgreich, denn am Ende der viertägigen Veranstaltung, die von den Fachmagazinen Omnibusspiegel und BUSMAGAZIN in Kooperation mit der Bonner SWB Bus und Bahn auf der rund 19 km langen Teststrecke auf Bonner Stadtgebiet sowie auf dem SWB-Betriebshof in Bonn-Friesdorf organisiert wurde, stand für ihn der Titel Electric Bus Champion 2023.

Das ist doch mal eine Erfolgsgeschichte. Mehr als 1.000 Exemplare des Mercedes-Benz eCitaro sind seit dem Serienstart des Niederflur-Elektrobusses in Mannheim 2018 vom Band gelaufen. Neben zahlreichen Großaufträgen aus Städten wie Hamburg, Dresden, Bremen, Wiesbaden oder Mannheim fahren auch Verkehrsbetriebe in Frankreich, Italien, Schweden, Polen, Österreich, der Schweiz und weiteren europäischen Ländern auf den Elektrobus mit dem Stern ab.

Electic Bus Champion 2023

Mitte April kam am Rhein ein weiteres Kapitel dieser Erfolgsgeschichte hinzu. Von einem Heimvorteil für den eCitaro konnte man beim 5. Bonner E-Bustest nicht sprechen. Aber der 12-m-Bus aus der Mannheimer MB-Produktionsstätte wusste sehr wohl, wo es auf dem Parcours in der ehemaligen Bundeshauptstadt lang geht. Denn bereits beim 3. E-Bustest in Bonn 2019 zählte der eCitaro zum Teilnehmerfeld – auch als 12-m-Bus, allerdings mit einer geringeren Batterieleistung.

Damals wurde noch kein Preis für den besten Vertreter seiner Gattung beim E-Bustest ausgelobt. Also doch eine Premiere für den eCitaro, denn eine internationale Fachjury kürte den einzigen, in Deutschland gefertigten Elektrobus der sechs teilnehmenden Firmen – ein MAN Lion´s City 10 E war außer Konkurrenz in Bonn unterwegs – erstmals zum Electric Bus Champion 2023.

Dafür musste man mehr als nur eine gute Figur abgeben, denn neben den Probefahrten auf der anspruchsvollen Teststrecke auf Bonner Stadtgebiet für Fahrer und Passagiere stand auch ein Werkstattcheck mit besonderem Augenmerk auf Service- und Reparaturfreundlichkeit auf dem Programm. Auch wenn der Punkteabstand zum zweiten Platz im Test nicht kommuniziert wurde, waren sich das Dutzend Fachjournalisten aus Europa sowie rund 20 Vertreter von Verkehrsbetrieben einig, dass der eCitaro der eindeutige Sieger des Vergleichstests in den Kategorien Handhabung für den Fahrer, Passagierkomfort, Verarbeitung und Servicefreundlichkeit ist.

3. Generation NMC-3-Batterien

Schließlich gab es ja eine weitere Premiere, denn die aktuelle Ausführung des 2018 erstmals an den Start gegangenen eCitaro war mit einer neuen Generation von High-Performance-Batterien unterwegs. Seit Ende 2022 arbeitet die nunmehr dritte Generation von NMC-3-Batterien im Mannheimer Elektro-Stadtbus. Diese er füllen die bereits ab Herbst 2023 verbindlichen Sicherheitsanforderungen nach ECE R 100-3 und sorgen laut Daimler Truck für eine enorme Leistungsfähigkeit. So sind bis zu 280 km ohne Zwischenladung beim Solobus und bis zu 220 km beim Gelenkbus möglich. Bei günstigen Bedingungen, z. B. idealer Witterung, sind auch mehr als 300 km am Stück drin. Die Erhöhung der Kapazität um rund 50 % wird übrigens bei gleichem Gewicht erzielt. Zudem gibt Batteriehersteller Akasol die Lebensdauer der Akkumulatoren bei schonender Depotladung mit rund 4 000 Ladezyklen an, was beim täglichen Einsatz sowie Aufladung im Depot einer Lebenserwartung von bis zu zehn Jahren entspricht.

Je nach individuellem Einsatzprofil sowie Wünschen der Kunden werden unterschiedliche Ausführungen der Batteriepakete bereitgestellt. So ist der eCitaro Solobus mit vier und maximal sechs Paketen mit bis zu 588 kWh erhältlich. Im Falle „unseres“ Testwagens waren drei Hoch[1]volt-Batterie-Baugruppen auf dem Dach und zwei Komponenten im Heck verbaut.

Nur ein leises Surren

Und was bekommt man als Fahrgast davon mit? Erstaunlich wenig, der eCitaro surrt relativ leise vor sich hin, wenn er die Haltestationen anfährt und wieder verlässt. Das liegt auch an der Beschleunigungsregelung, mit der Mercedes-Benz das Drehmoment beim Anfahren von Haltestellen oder an der Ampel auf ein komfortables Maß drosselt und so für eine entspannte und energiesparende Fahrweise sorgt.

Der blaue Bewertungsbogen, den jeder Tester als Fahrgast mit auf den Weg bekam, wies bei mir nur ein einziges Mal „mäßig“ auf. Für alle Kriterien – unterschieden wird zwischen Innenraumbewertung, Heizung und Fahrkomfort in jeweils mehreren Prüfungspunkten – gab es bei mir entweder gut oder gar sehr gut. Also egal, ob es um den Sitzkomfort, die Haltewunschtaster, Schmutzecken, Geräusche oder die Heizung/Klimatisierung ging, der Wagen überzeugte.

Beim Fahrkomfort fehlte nicht viel, dann hätte ich bei jedem der sieben Unterpunkte die Note sehr gut vergeben. Mir persönlich war es im Testbus zu warm, aber das ließ sich bei rund 20 Grad Außentemperatur aushalten. Lautstärke, Geräusche und Federungskomfort machen den Fahrkomfort in erster Linie aus. Diese Punkte verschmelzen immer dann zu einem Gesamteindruck, wenn der Bus eine Unebenheit der Straße in Form von Fahrbahnabsenkung, Bodenwelle oder Schlagloch überwinden musste.

Der Powermeter ersetzt den Drehzahlmesser

An einem Punkt der Teststrecke hinunter aus dem bewaldeten Höhenzug Ennert Richtung Rheinbrücke gab es so eine Stelle, bei der es mal mehr oder mal weniger schepperte. Auch im Falle des eCitaro deutlich zu spüren und zu hören, aber mit weit weniger „Bauchschmerzen“ seitens der Fahrer und Fahrgasttester hinsichtlich Belastung von Reifen, Achsen und Interieur verbunden als bei den Mitbewerbern. Auch der Rest der Testfahrt verlief aus Fahrgastsicht sehr angenehm, ebenso waren die Fahrer nach Rücksprache voll des Lobes über den eCitaro. Die nahezu identische Bedienung im Cockpit im Vergleich zum Citaro mit Verbrennungsmotor sorgt für ein schnelles Eingewöhnen. Der Powermeter ersetzt den Drehzahlmesser und zeigt Leistungsabforderung bzw. Rekuperation sowie Informationen über den Ladezustand der Batterien an.

Ein Blick auf das zentrale Display liefert zudem Informationen über Reichweite, Leistungsverfügbarkeit und Ladeanzeige. Sitz, Sicht, Ergonomie und Klimatisierung sind wie von Mercedes-Benz gewohnt und – aus dem Verbrenner-Citaro bekannt – auf hohem Niveau. Die aktive Sicherheit des eCitaro gibt der Hersteller mit „unübertroffen“ an.

So ist der Solobus serienmäßig mit ESP und dessen zahlreichen Unterfunktionen ausgestattet. Optional erhältlich ist der Abbiege-Assistent Sideguard Assist mit Personenerkennung und dem Preventive Brake Assist. Die Wank-Nick-Regelung sorgt vor allem beim mehrmaligen Kreisverkehr auf der Testrecke für ein stabiles Kurvenverhalten ohne Quietschen.

Für mich als Fahrgast sind diese Komfort-Errungenschaften dadurch zu spüren, dass ich einerseits den Blick nach draußen genieße, mich dabei entspannen und andererseits das Interieur des Wagens unter die Lupe nehmen kann.

Sitze aus eigener Fertigung

Die Fahrgäste nehmen auf den City-Star-Eco-Sitzen aus eigener Fertigung Platz. Der in der Pressemappe als „munterer“ Stoff beschriebene Bezug fällt aufgrund der Farbgebung direkt ins Auge. Lila-schwarz, das muss man sich auch erstmal trauen. Hinzu kommt ein PVC-Fahrzeugboden in Richtung Schwarzeiche gehender Holzoptik.

Okay, Vorführwagen, ginge natürlich auch dezenter, heller oder was immer der Kunde bevorzugt. Passt aber in diesem Fall gut, denn die Sitze und der Boden korrespondieren mit den lilablauen Leuchtbändern über dem Gang und über den Fenstern. Das Ganze wirkt edel, ohne zu dunkel oder überladen zu sein, denn durch die großen Fenster dringt erfreulich viel Licht. Zudem bereitet der großzügige Sitzabstand auch Menschen jenseits von 1,80 m während der Fahrt Freude.

Die Haltewunschtasten sind ohne weitreichende Verrenkungen gut erreichbar, zwei Monitore hinter der Fahrertrennwand und hinter dem Querkanal sorgen für Informationen, z. B. über die kommenden Haltestellen. Und wer die Informationen oder Unterhaltungswerte, die ein Smartphone liefert, ohne Akkuverbrauch nutzen will, hat an 13 USB-Doppelsteckdosen Gelegenheit zum Laden.

Die Sondernutzungsfläche gegenüber der zweiten Tür bietet Platz für einen Rollstuhl oder Kinderwagen, bei Nichtnutzung der Klappsitze – zwei in Fahrtrichtung, einer in entgegengesetzter Richtung – passt auch mehr, z. B. Rollatoren zwischen die Abschrankungen. Die Klapprampe zum Ein- und Ausstieg an Tür 2 kann manuell und ohne großen Kraftaufwand betätigt werden.

Hier klappert und scheppert nix

Womit wir bei den Türen und damit einem weiteren Pluspunkt des eCitaro wären. Die elektrisch betätigten, zweiflügeligen Innenschwenktüren arbeiten erfreulich leise, lediglich ein Surren ist beim Öffnen und Schließen zu hören. Hier klappert und scheppert nichts, wenn das akustische Signal beim Betrieb für höreingeschränkte Fahrgäste nicht wäre, könnte man bei einem Nickerchen im Bus entspannt bis zur Endstation im ÖPNV wegdösen.

Das oben erwähnte Sicherheitspaket wird in erster Linie der Fahrer regis – trieren bzw. im Falle des Falles spüren, die Fahrgäste bekommen davon im Normalbetrieb wenig mit, was ja ein echtes Qualitätsmerkmal ist.

Fazit: Platz nehmen – sofern vorhanden im realen ÖPNV-Betrieb, wenn es auch mal voll wird – und genießen. Der eCitaro ist nicht nur ein Fahrerauto, wie mir die positiven Rückmeldungen der Bus-Chauffeure beim Bonner E-Bustest durch die Bank signalisierten. Er ist auch ein vertrauenerweckendes Passagierfahrzeug, in dem man sich gut durch den Verkehr gebracht fühlt, auch wenn mal kein Sitzplatz frei ist und man auf Halteschlaufen und die eigene Standfestigkeit angewiesen ist. Okay, kommt immer auf die Fahrweise an, aber wenn hier kein „Henker am Lenker“ unterwegs ist, fühlt man sich bestens aufgehoben.

Bildquelle: Ralf Theisen

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