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Daimler: Bus-Rohbau wandert 2028 nach Tschechien ab

Die Geschäftsführung von Daimler Buses und der Gesamtbetriebsrat der EvoBus GmbH haben aktuell ein sogenanntes „Zukunftsbild zur langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und der deutschen Standorte“ vereinbart. So wird das Unternehmen verschiedene strukturelle Änderungen umsetzen, um die jährlichen Kosten in Deutschland dauerhaft zu reduzieren. Um wie viel diese Kosten reduziert werden sollen oder müssen, wurde nicht mitgeteilt.

Das bedeutet vor allem, dass der Bus-Rohbau in den Werken Ligny-en-Barrois (Frankreich), Mannheim und Neu-Ulm ab 2028 aufgegeben wird und vollständig ins Werk Holýšov in Tschechien abwandert. Das ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite: Im Gegenzug konnte der Gesamtbetriebsrat die Verlängerung der bestehenden Zukunftssicherung für die Beschäftigten der EvoBus GmbH in Deutschland von aktuell 2024 bis Ende 2033 erreichen. Damit sind betriebsbedingte Kündigungen in diesem Zeitraum ausgeschlossen. Außerdem investiert Daimler Buses bis Ende des Jahrzehnts rund 150 Mio. Euro in die beiden deutschen Standorte.

Wir haben gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Zukunftsbild vereinbart.

Till Oberwörder



Till Oberwörder, CEO Daimler Buses: „Wir haben gemeinsam mit dem Betriebsrat in intensiven Gesprächen ein Zukunftsbild vereinbart, das unsere langfristige Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen soll. Damit schaffen wir für unsere Produktionsstandorte in Mannheim und Neu-Ulm eine langfristige Perspektive. Wir sind und bleiben der einzige Hersteller, der weiterhin in Deutschland Stadt- und Reisebusse fertigt.“

Und weiter: „Wir haben eine klare Roadmap für Fahrzeuge mit vollelektrischem Antrieb definiert. Es gibt jedoch viele neue Wettbewerber, die E-Busse anbieten. Diese verschärfte Marktsituation führt dazu, dass wir uns in der Produktion kostenseitig besser aufstellen müssen. Das betrifft insbesondere unsere deutschen Werke. Wir wollen unseren Kunden auch weiterhin die besten Produkte zu attraktiven Konditionen anbieten – und das Zukunftsbild macht genau dies möglich.“

Bruno Buschbacher, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der zu Daimler Buses gehörenden EvoBus GmbH: „Mit dem Zukunftsbild für EvoBus haben wir in Summe ein tragfähiges Ergebnis erreicht. Beide Seiten mussten sich in den Verhandlungen bewegen. Wir sichern die Traditionsstandorte Mannheim und Neu-Ulm langfristig ab und geben den Kolleginnen und Kollegen eine verlässliche Zukunftsperspektive. Beide Standorte haben nun eine führende Rolle bei der Entwicklung und Produktion künftiger Produkte. Ein solches Ergebnis war nur möglich, weil die Kolleginnen und Kollegen über beide Standorte hinweg geschlossen und solidarisch für ihre Interessen eingetreten sind.

Wir müssen die Verlagerung des Rohbaus ins Ausland akzeptieren, weil das Unternehmen nur so die notwendige Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen kann.

Bruno Buschbacher



Wir als Gesamtbetriebsrat von EvoBus müssen die Verlagerung des Rohbaus ins Ausland akzeptieren, weil das Unternehmen nur so die notwendige Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen kann. Eine Blockade hätte für EvoBus in den kommenden Jahren nur noch mehr Unsicherheit gebracht und letztlich ein Sterben auf Raten bedeutet. Wir bedauern diesen Schritt, müssen aber der Realität ins Auge sehen. Nun ist es die Aufgabe des Managements, die notwendigen Investitionen an den deutschen Standorten zu tätigen, für die vereinbarte Ersatzbeschäftigung zu sorgen und EvoBus in eine erfolgreiche Zukunft zu führen“, sagt Buschbacher.

Als Bestandteil des Zukunftsbilds wird Daimler Buses die Zusammenarbeit im europäischen Produktionsverbund ausbauen. So werden zukünftig in Abhängigkeit der Auftragslage Fahrzeugstückzahlen flexibel verteilt. Für die beiden Standorte Mannheim und Neu-Ulm ist die Mindestgröße der Stammbelegschaft in der Produktion auf jeweils 1.500 festgelegt. Eine Deckelung der Produktionsstückzahlen wird es in Deutschland nicht geben. Damit haben die Werke Mannheim und Neu-Ulm die Chance, an künftigem Wachstum teilzuhaben.

Alle neuen Mercedes-Benz Stadt- und Setra Reisebusse für den europäischen Markt werden zukünftig in den Daimler Buses Werken Mannheim und Neu-Ulm entwickelt und „anlaufen“, wie Daimler betont.
Dabei wird Mannheim das Kompetenzzentrum für E-Stadtbusse und sich ab 2024 vollständig auf die Produktion von elektrisch angetriebenen Stadtbussen fokussieren. Zusätzlich steigt das Werk stärker in die Komponentenfertigung ein. Neu-Ulm bleibt das Kompetenzzentrum für Reisebusse und wird weiterhin als einziger Standort Setra Reisebusse fertigen. Ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts sollen in Neu-Ulm auch elektrisch angetriebene Überlandbusse und ab Ende der Dekade Reisebusse mit batterieelektrischem sowie wasserstoffbasiertem Brennstoffzellenantrieb vom Band laufen.

Daimler Buses will bis zum Jahr 2030 in jedem Segment lokal CO2-neutrale Modelle auf der Basis von Batterien oder Wasserstoff anbieten. Der Fokus liegt zunächst auf den Kernmärkten Europa und Lateinamerika. Bis 2039 sollen im Kernmarkt Europa nur noch lokal CO2-neutrale Neufahrzeuge vertrieben werden. Im Stadtbus-Segment soll dies bereits ab dem Jahr 2030 in Europa der Fall sein. Auf dem Weg zur weltweiten Elektrifizierung der Personenbeförderung plant Daimler Buses ab Mitte der Dekade den ersten vollelektrischen Überlandbus auf den Markt zu bringen. Ab Ende dieses Jahrzehnts sollen Reisebusse mit batterieelektrischen und wasserstoffbasierten Antrieben folgen. Daimler Buses setzt analog der Doppelstrategie des Mutterkonzerns Daimler Truck ebenso auf beide Technologien – und unterscheidet sich damit vom Mitbewerber MAN, der auf unbestimmte Zeit den Batteriebus im Vorteil sieht und nur auf diese Technik setzen will.

Der Standort Mannheim ist das Kompetenzzentrum für Stadtbusse aller Antriebsarten sowie Teil des Produktionsverbundes von Daimler Buses. Das Werk beschäftigt rund 3.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in zentralen Funktionen sowie in der Montage. In der Produktion am Standort laufen neben konventionell angetriebenen Stadtbussen auch die vollelektrisch angetriebenen eCitaro vom Band – die rein batterieelektrische Variante bereits seit 2018 und in Kürze auch der eCitaro mit Range Extender mit einer wasserstoffbasierten Brennstoffzelle zur Verlängerung der Reichweite.

Der Standort Neu-Ulm ist das Kompetenzzentrum für Reisebusse aller Antriebsarten und Teil des Produktionsverbundes von Daimler Buses. Das Werk beschäftigt rund 3.600 Beschäftigte in zentralen Funktionen sowie in der Omnibusfertigung. Im Werk Neu-Ulm findet die Endmontage von Mercedes-Benz und Setra Reisebussen statt. In der eigenen Sitzfertigung entstehen zudem Überland- und Reisebussitze für beide Marken. Gleichzeitig befinden sich das Kompetenzzentrum Lackierung für den gesamten Produktionsverbund, die zentrale Ersatzteilversorgung für Mercedes-Benz- und Setra-Omnibusse, das Daimler Buses Entwicklungszentrum für Sicherheits- und Assistenzsysteme, der Versuch sowie das Kompetenzzentrum für 3D-Druckteile in Neu-Ulm.

Die Daimler Truck Geschäftseinheit Daimler Buses bündelt als einer der weltweit führenden Omnibus-Hersteller mit zahlreichen Landesgesellschaften die globalen Aktivitäten der Bus- und Service-Marken Mercedes-Benz, Setra, OMNIplus sowie BusStore. Die Produktpalette von Daimler Buses reicht von Reise-, Überland-, Stadt- und Sonderbussen bis hin zu Busfahrgestellen. Neben der Produktion und Vertrieb von neuen Omnibussen verfügt Daimler Buses über ein globales Servicenetz und bietet flächendeckende Dienstleistungen rund um die Fahrzeuge bis hin zum Handel mit Gebrauchtbussen.
Zu den Landesgesellschaften von Daimler Buses gehören die EvoBus GmbH, Daimler Buses Latin America, Daimler Buses Mexico, Daimler Coaches North America sowie die Mercedes-Benz Türk A.Ş.

Bild: Till Oberwörder, CEO Daimler Buses (l.), gemeinsam mit Bruno Buschbacher, Gesamtbetriebsratsvorsitzender EvoBus
Bildquelle: Daimler Truck