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VDL Citea: Hollands Weg in die Zukunft

Frisch auf dem Markt: Der VDL Citea der neuen Generation. Die Niederländer nutzten die InnoTrans in Berlin, um den neuen Bus, den es nur noch batterieelektrisch gibt, Fachbesuchern und –presse erstmalig live zu präsentieren.

VDL Bus & Coach nutzte die Messe für Schienenfahrzeuge und -technik in Berlin, um zum ersten Mal der Fachpresse und den interessierten Besuchern den neuen rein batterieelektrisch fahrenden Citea vorzustellen. Die InnoTrans bietet seit 2016 auch ÖPNV-Bussen eine Präsentationsmöglichkeit. Die niederländische Fahrzeugpremiere war vor allem statisch, auch wenn man um den sogenannten Rosengarten, der Freifläche zwischen den Berliner Messehallen, als Passagier mit dem Bus eine kleine Runde drehen konnte.

Die neue Generation des Citea wurde komplett neu entwickelt und sei damit bereit für die Zukunft, so ist man in Eindhoven überzeugt. VDL konnte bei der Neukonstruktion auf die Erfahrungen mit den E-Bussen der ersten Generation zurückgreifen, die bereits seit Jahren erfolgreich auf Europas Straßen unterwegs sind. Seit 2013 betreiben die Niederländer das Elektrobusgeschäft und verkauften bereits über 1300 elektrische Citeas. Diese spulten zusammen mittlerweile über 200 Mio. Fahrkilometer ab. Aus diesen Erfahrungen schöpfend, setzte man nun den neuen Citea auf die Spur.

Die neue Plattform ist vollelektrisch – einen Dieselantrieb gibt es nicht im Programm – und für alle möglichen Einsätze und Klimazonen konzipiert. „Dass die Entwicklung des zukunftssicheren Linienbusses ein Umdenken erfordert, war uns sofort klar. Ein neues Konzept, das innovative Technologien und Komponenten vereint, um eine optimale elektrische Plattform zu schaffen. Hier vereinen sich unsere umfangreichen Erfahrungen sowohl in der Busbranche als auch in der E-Mobilität“, sagte Alex de Jong, Business Manager Public Transport bei VDL Bus & Coach. „Unser Ziel ist es, den Übergang zur E-Mobilität zu erleichtern und für alle Betreiber zugänglich zu machen.“

Holzdecke & Lichtdesign

Optisch machte das erste Ausstellungsstück aus der 12-m-Klasse (12,2 m) in Berlin ordentlich was her. Außen wie innen: Der Innenraum überwiegend in lichtem Weiß gehalten, besitzt einen Bodenbelag, der sich an Laminat orientiert. Die gewölbte Decke bestand wiederum aus einem Holzimitat, was dem ganzen Interieur einen sehr wohnlichen Anstrich gab. Die unteren Seiten zierten zudem ein wellenförmiges Muster sowie ein LED-Lichtstreifen auf beiden Seiten. Dieser leuchtete im Ausstellungsbus im vorderen Teil in warmem Rot und im Heck im kühlen Blau.

Und zwar aus einem speziellen Grund, wie u. a. Willem van der Leegte, Präsident und CEO der VDL Groep in Berlin erklärte: Ältere Semester sitzen eher im vorderen Teil des Fahrzeuges und sind per se wärmebedürftiger. Diesem Wunsch sekundiert unterschwellig das rote Licht. Die Jugend bevorzugt eher das Fahrzeugheck als Sitzrevier und hat ein kühleres Wärmeverständnis. Daher schimmert hier Blau.

LED-Licht ermöglicht es den Busbauern, dass man mit dem Innenraumlicht spielen kann. Durch den Einsatz von Farben und Intensitäten lässt sich die Beleuchtung leicht an das jeweilige gewünschte Ambiente oder an die Funktion anpassen. Ein grünes Licht über der Tür signalisiert z. B. dem Fahrgast, dass sie offensteht. Ein schnelles Umschwenken auf ein rotes Blinklicht macht dem Passagier sofort klar, dass sie sich gerade schließt.

Im neuen Citea gibt’s mehrere Möglichkeiten der indirekten Komfortbeleuchtung. Hierbei bestimmt der Kunde, wie stimmungsvoll es denn werden soll. So kann beispielsweise die Beleuchtung um die Radkästen herum und in der Seitenwand unter den Fenstern über die gesamte Länge des Busses individuell je nach Atmosphäre eingestellt werden. Rot und Blau für Warm und Kalt wie in Berlin gesehen, müssen also nicht das Nonplusultra des Lichtdesigns im eigenen Bus sein.

Mehr Sitzplätze

Das 12,2-m-Fahrzeug in der ausgestellten Variante bietet bis zu 45 Sitzplätze, einen Rollstuhlplatz und 3 Klappsitze. Alle Sitze sind über Kragarme an den Seitenwänden fixiert, was die Fußbodenreinigung erleichtert. Aufgrund seines geringen Eigengewichts ist sogar ein 13,5-m-Modell als Zweiachser erhältlich. In diesem Fahrzeug können dann bis zu 53 Fahrgäste sitzend befördert werden.

Gegenüber dem bisherigen Diesel-Citea verfügt der neue 12-m-Bus über acht Sitze mehr. Der Wegfall des Heckturms macht es u. a. möglich (plus 4 Sitze). Die effizientere Aufteilung ermöglicht es darüber hinaus, links und rechts jeweils einen zusätzlichen Doppelsitz einzurichten.

Insgesamt haben die Techniker auch erfolgreich an der Aerodynamik geschraubt. Im Heck wurden die Ecken überarbeitet und der Bus verfügt nun über einen Dachspoiler. Beides führt dazu, dass der Fahrtwind weniger verwirbelt und besser abgeleitet wird. Verwirbelungen hinter dem Heck „bremsen“ einen Bus aus und er benötigt mehr Energie, um gegen diese Bremswirkung anzufahren. Ähnliches gilt für die Frontpartie, die zu den Seiten und zum Dach hin gewölbter wurde. Auch dadurch wird der Wind besser abgeleitet. Eine Veränderung der unteren Frontpartie verhindert bzw. vermindert zudem, dass der Fahrwind unter das Fahrzeug verwirbelt wird. Auch um die Radkästen sind die Flanken gewölbt. Alle Maßnahmen zusammen führen dazu, dass der Luftwiderstand – im Vergleich zum Vorgänger – um 35 % geringer ist.

15 % leichter

Zudem ist der Wagen gut 15 % leichter als sein Diesel-Vorgänger. Das liegt zum Teil daran, dass die Seiten zwischen den Türen bzw. auf der gegenüber liegenden Seite aus leichtem Komposit bestehen. Dieser Verbundstoff ist aus einem Stück gefertigt. Zur Hilfe kam VDL Bus & Coach hier das Schwesterunternehmen VDL Fibertech. Gut zu wissen, dass in der VDL Gruppe auch Partner zu finden sind, die ihr Spezialwissen beim Busbau einbringen können. Des Weiteren gestalteten die Konstrukteure die Heckwand dünner.

Nur scheinbar im Gegensatz dazu steht, dass die Fahrgastscheiben serienmäßig doppeltverglast sind. Damit sind sie logischerweise schwerer als eine Einfachverglasung, aber das bietet Vorteile bei der Klimatisierung. Hierfür war VDL bereit, einige Kilogramm an Extragewicht zu akzeptieren. Dieser Kompromiss lohnt sich. Kompositseitenwand plus Doppelverglasung führen zu einem stark verbesserten Dämmwert.

Laut dem Hersteller benötigt das Klimasystem im Neuen gegenüber seinem Vorgänger im Sommer ca. 25 % und im Winter ca. 35 % weniger Energie, um dem Klimakomfort im Passagierraum durchgehend aufrecht zu halten – so lauten zumindest die Daumenwerte.

Optimierter Fahrerarbeitsplatz

Auch der Fahrerarbeitsplatz erfuhr sichtbar eine Aufwertung. So bekam er beispielsweise eine eigene rund um den Sitzplatz geführte Klimatisierung spendiert. Damit soll er auch bei geöffneten Türen ungestört in einer eigenen Komfortzone arbeiten können. Der optionale Luftqualitätssensor (AQS) sorgt für eine gute Luftqualität, indem er die Zusammensetzung der angesaugten Luft überwacht.

Jeder Fahrer sollte unabhängig von seiner Statur in der Lage sein, eine gute und bequeme Sitzposition einzunehmen. Daher lässt sich u. a. das Lenkrad im Citea auf zwei Arten verstellen. Einerseits lässt sich nur das Lenkrad selbst in der Höhe verstellen. Andererseits kann man es inklusive der angegliederten Instrumententafel bewegen. Damit kommt nicht nur das Lenkrad näher zu einem, sondern auch die Schalter auf dem links und rechts ums Volant angeflanschten Armaturenbrett bewegen sich mit auf einen zu oder in umgekehrter Richtung eben von einem weg. Der Vorteil für den Fahrer: Egal wie das Lenkrad steht, die Schalter bleiben auf dem gleichen Niveau.

Zudem können die Kunden wählen, ob sie einen Bus mit hängenden oder stehenden Pedalen haben wollen. Der neue Citea verfügt darüber hinaus über eine elektronische Handbremse, die sich automatisch aktiviert. Sie sitzt dem D-N-R-Wahlschalter links in der Seitenarmatur.

306 oder 490 kWh

306 kWh stehen serienmäßig in den Batterien in der 12,2-m-Variante zur Verfügung. Damit käme man selbst bei -15 Grad noch mindestens 300 km weit, wie es bei der Präsentation in Berlin hieß. Alternativ sollen zukünftig auch 490 kWh verbaut werden können.

Hierbei verfolgt VDL bei der neuen Busgeneration ein modulares Prinzip. Für jede Längenvariante ist eine Reihe von Batteriepaketen erhältlich, die es den Betreibern ermöglichen sollen, ihren neuen Citea so zu konfigurieren, wie er am besten zur gewünschten Ladestrategie passt.

Laut VDL wurde die Batteriekapazität auf Herz und Nieren in verschiedenen Klimaten geprüft. Verglichen mit den bisher eingesetzten Akkus verspricht der Hersteller seinen Kunden einen grundsätzlich durchschnittlich 20-25 % niedrigeren Energieverbrauch und eine bis zu 35 % höhere Reichweite.

Die Batterien sitzen beim dem 306-kWh-Citea alle unterflur, längs zwischen den Rädern. Mit einer Ausnahme: Links hinten ist eine Batterieeinheit nach der Achse gegenüber der letzten Tür verbaut. Das führt dazu, dass die dortigen Doppelsitze auf einem auffällig hohen Podest sitzen. Für Menschen, die z. B. altersbedingt in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, sind diese Sitze sicherlich nicht die beste Wahl.

Die Unterflurplatzierung der Akkus, statt wie meist sonst üblich auf dem Dach, bietet grundsätzliche Vorteile: Das Dach kann leichter ausfallen und es lastet kein zusätzliches Gewicht direkt auf den Achsen. Zudem entfällt die oftmals bei Kurvenfahrten zu bemerkende Wankneigung, die man von E-Bussen mit Akkus auf dem Dach kennt. Der niedrige Schwerpunkt beim Citea verbessert insgesamt die Fahrdynamik. So ist die Entscheidung, diese in den Fahrzeugboden zu platzieren, trotz des einen hohen Podestes, die richtige.

Vier Längenvarianten

Die neue Generation des Citea ist in vier Längenvarianten erhältlich: 12,2 m (Low Floor und Low Entry), 13,5 m (Low Entry), 14,9 m (Low Entry) und 18,1 m (Low Floor Articulated/Gelenkbus). Hinzu kommt, dass alle Längenvarianten der Solomodelle sowohl in Klasse 1 (Stadtbus) als auch in Klasse 2 (Überlandbus) ausgeführt werden können. Die neue Citea-Reihe deckt somit nahezu alle Marktsegmente ab.

In puncto Sicherheit haben die Niederländer ebenfalls eine Schippe draufgelegt. Die Seitenwand aus Verbundwerkstoff ist viel steifer als eine herkömmliche Seitenwandkonstruktion. Zudem wurde sie im unteren Bereich verstärkt und dient daher als zusätzlicher Schutz für die Batterien. Auch hat man den Lkw-Bauern über die Schulter geschaut. Hier übernahm man den vorderen und hinteren Unterfahrschutz (Front/Rear Impact Protection). Außerdem ist der Fahrerplatz ein Stück weiter nach hinten gerutscht, um bei einem Zusammenstoß dem Fahrer sozusagen ein bisschen mehr Abstand vom Geschehen einzuräumen.

Zur Unterstützung des Fahrers in unerwarteten Gefahrensituationen kann der Citea der neuen Generation mit einer Vielzahl von Fahrerassistenzsystem ausgestattet werden, wie FCW (Forward Collision Warning), AVBS (Active Vehicle Brake Support), LDWS (Lane Departure Warning System), BSD (Blind Spot Detection), ACC (Adaptive Cruise Control), DDD (Driver Drowsiness Detection) und ESC (Electronic Stability Control). Aber das ist noch nicht alles: Es wurden beim neuen Citea bereits Vorbereitungen getroffen, um zukünftige Sicherheitssysteme und Bestandteile für das autonome Fahren integrieren zu können.

VDL Bus & Coach ist sich auf jeden Fall sicher, mit der neuen Citea-Plattform einen neuen und verbesserten Standard für emissionsfreie Busse und den Übergang zur Elektromobilität insgesamt gesetzt zu haben. Der erste Eindruck aus Berlin: Der Bus macht durchaus was her.
DS

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