Messen wandeln sich mit der Zeit. Manche wachsen an und vergrößern sich. Andere werden geteilt oder verschwinden ganz von der Bildfläche. Im Segment der Omnibusse verliert die IAA an Boden und die InnoTrans punktet.
Die wohl bekannteste Messe, die über dreißig Jahre sehr erfolgreich war und dann ein plötzliches Ende nahm, war die Cebit (Centrum für Büroautomation, Informationstechnologie und Telekommunikation). Sie war 1986 bis 2018 eine der weltweit größten Messen für Informationstechnik und fand in Hannover statt. Dann kam ihr Aus.
Aufgrund zurückgehender Aussteller- und Besucherzahlen verkündete der Veranstalter, die Deutsche Messe AG, am 28.11.2018, die Cebit einzustellen. Einen Wandel durchlaufen zurzeit die IAA Nfz in Hannover, die sich nun IAA Transportation nennt und die InnoTrans in Berlin. Beide Messen öffnen alle zwei Jahre ihre Tore und beide finden nahezu parallel statt (IAA: 20.-25.9., InnoTrans: 20.-23.9.).
Diese Parallelität hat über Jahre niemand gestört. Doch mittlerweile stehen die beiden Messen – was die Omnibusse betrifft – teils in Konkurrenz. Die InnoTrans in Berlin ist noch vergleichsweise jung. Sie gibt es seit 1996. Über die Jahre hat sie sich seit ihrer Gründung zur größten Fachmesse für Schienenverkehrstechnik entwickelt. Sie ist die Leitmesse für diese Branche und füllte 2012 erstmals das komplette Messegelände in Berlin mit ihren Ausstellern.
In Berlin kommen zu ihrer Leistungsschau bis zu 153.000 Fachbesucher zusammen. Im Fokus steht vor allem Großgerät für den schienengebundenen Personen- und Güterverkehr. Hinzu kommen Komponentenhersteller und Fahrzeugausstatter. 2016 folgten dann erstmals Präsentationsflächen für ÖPNV-Omnibusse.
Die Wurzeln der IAA reichen wesentlich tiefer bis ins Jahr 1897 zurück. Damals fand in einem Hotel in Berlin die Gründungsveranstaltung des Mitteleuropäischen Motorwagenvereins (MVV) statt, bei der auch Fahrzeuge präsentiert wurden. Das ist der Nukleus der IAA. Zwei Jahre später waren es schon über 100 Unternehmen, die auf der Internationalen Motorwagen-Ausstellung ihr Portfolio in der Kaserne des II. Garderegiments zu Fuß präsentierten. 1992 teilte sich dann die Messe in eine Pkw- und eine Nutzfahrzeugausstellung; der Nfz-Part öffnete in dem Jahr erstmals in Hannover seine Tore. Die beiden Messen wechseln sich seitdem jährlich ab.
Die IAA Nfz entwickelte sich durchweg erfolgreich. Ihre 67. Messe im Jahr 2018 verzeichnete mit fast 2 200 Ausstellern einen Rekord. 250.000 Besucher (Fach & Publikum) fanden den Weg aufs Messegelände. Auch die Anzahl der Weltpremieren und die Ausstellungsfläche waren damals rekordverdächtig.
Allerdings galt der Erfolg nicht für das Segment der Omnibusse. Hier fehlten erstmals, sicht- und spürbar für die Fachbesucher, bekannte Fahrzeugbauer und Aussteller aus dieser Branche. Wer suchte, fand einen Teil von ihnen schon auf der damaligen InnoTrans wieder. Allerdings blieben die Dickschiffe der Nfz-Industrie, wie Daimler, MAN oder Volvo auch mit ihren Omnibussen treue IAA-Fans und waren weiterhin vor Ort.
In den beiden Pandemie-Jahren fanden keine Messen statt. Das Jahr 2021 nutzte der Verband der Automobilindustrie (VDA) als IAA-Messebetreiber, um u. a. die IAA Nfz auf neue Beine zu stellen und nannte die Nutzfahrzeugausstellung in diesem Zusammenhang in IAA Transportation um. Unter diesem Namen tritt sie dieses Jahr erstmals in Hannover an – und unter dem Motto „People and Goods on the move“. Die IAA sieht sich auch nach der Reform als „internationale Leitplattform für Logistik, Nutzfahrzeuge, Busse und den Transportsektor“. Mit einem erweiterten Veranstaltungskonzept will sie „erstmals die relevanten Akteure aus den Bereichen Nutzfahrzeuge, Busse und Logistik mit führenden Tech-Anbietern sowie Zulieferern vernetzen“. Im Fokus steht auch die klimaneutrale und technologische Transformation des gesamten Transports. Hierbei sieht man sich als Vorreiter unter den internationalen Plattformen des Verkehrssektors.
Mit dieser Neuausrichtung sei man durchaus erfolgreich unterwegs und die IAA Transportation würde nachgefragt. 97 % der Messefläche sei bereits ausverkauft, wie der VDA schon Mitte Juli mitteilte. Die inhaltliche Neuausrichtung will man zudem im Bussektor vorantreiben und Themen, die im öffentlichen Diskurs übersehen werden, aufgreifen. Daher kreierte man erstmals die „IAA Bus Area“. Dies ist in den Hallen 22/23 eine eigene Themenwelt zur Personenbeförderung. „Ob autonomer People Mover, Stadt- oder Reisebus – unser Ziel ist es, das gesamte Spektrum der Branche abzubilden und Plattform für die Präsentation und Vorführung aufregender, zukunftsweisender Innovationen im Bereich Personentransport zu sein. Dieser Ansatz schließt ausdrücklich Aussteller aus der Zulieferkette sowie aus den Bereichen Fahrzeugtechnologie, Infrastruktur, Ladetechnik und digitale Services mit ein, die wir ebenfalls dazu ein – laden, im Rahmen der IAA Transportation ihre neuesten Entwicklungen vorzustellen“ (IAA Transportation).
Eine Lounge für Fachvorträge und zum Netzwerken ist zudem in die Bus Area integriert. Im Outdoor-Bereich vor den Hallen stehen fünf Busse unterschiedlicher Hersteller für Probefahrten bereit.
Doch im Ausstellungssegment Omnibus hat man Federn gelassen und verliert dieses Jahr weiter Federn. Schon bei der letzten IAA Nfz vor der Pandemie wanderten Hersteller wie Solaris, Van Hool und VDL nach Berlin ab und kommen auch 2022 nicht zurück in die Messestadt an die Leine. Jetzt sind auch Daimler Truck, MAN Truck & Bus und Volvo nicht mehr so richtig mit von der Partie. Zwar rücken sie in Hannover mit ihren Lkw und Sonderfahrzeugen an. Aber auf die Ausstellung von Omnibussen verzichten diese Hersteller in Hannover.
Auf der letzten Messe vor Corona belegten Reise- und Stadtbusse noch einen erheblichen Teil der Standfläche. Damals zeigte man auch noch Kleinbusse auf Basis von Sprinter und MAN TGE. Ein Geschäftssegment, das beide Konzerne vor gar nicht langer Zeit und fast parallel (de facto) aufgegeben haben. (Volvo hat keine Kleinbusse im Portfolio.)
Allerdings sind die drei Hersteller nicht nach Berlin abgewandert. Dort treten sie, zumindest als eigenständige Aussteller, ebenfalls nicht an. Ein bisschen skurril geht dabei Daimler Truck vor. Klassischerweise präsentiert der Fahrzeughersteller seine Highlights in Hannover am Vorabend zur IAA in einer großen Show vor der geladenen internationalen Fachpresse.
Auf diesem Abend zeigt Daimler neben seinen neuesten Lkw auch die neue Setra ComfortClass und TopClass den Journalisten. Jedoch auf der Messe werden die beiden Neuen nicht zu sehen sein. Beide Busse schickt man nach der Präsentation wieder zurück ins heimatliche Depot. Für Kunden sind ComfortClass und TopClass erst bei der Premierenveranstaltung vom 23.-25. Sep. 2022 in Neu-Ulm zu sehen, anschließend bei zahlreichen europäischen Messen in Spanien, Italien, Schweden, Tschechien und Frankreich sowie bei weiteren Roadshows – aber eben nicht auf der IAA Transportation.
Wer ist denn eigentlich nun wo? Das ist gar nicht so leicht zu sagen. Ohne Anspruch auf Vollzähligkeit: Von den großen Fahrzeug- und Busherstellern sind auf der IAA noch Iveco und Scania auch mit Omnibussen vor Ort. Mit Anadolo Isuzu, BYD, Karsan, Pepper und Quantron sind zudem Hersteller mit Bussen in Hannover, die hierzulande keine oder noch keine große Rolle spielen. Hinzu kommen noch Kleinbusspezialisten wie z. B. Altas, K-Bus und OV Steinborn.
Auf der Internetseite der InnoTrans findet man unter dem Stichwort „Bus Display“ zwölf Unternehmen, die dort ausstellen. U. a. Ebusco, Karsan, K-Bus, Kiepe Electric, Otokar, die Skoda Transportation Group, Solaris, Van Hool und VDL.
Und manche Hersteller und Zulieferer bedienen tatsächlich beide Messen. Dazu gehört z. B. Grammer aus Ursensollen. Der Hersteller fertigt u. a. Passagiersitze für Offroad-Fahrzeuge, Lkw, Busse und Bahnen. Bei diesem Aussteller stehen die drei Modelle der Produktfamilie Ubility One im Zentrum des Messegeschehens (InnoTrans Halle 1.1/Stand 610, IAA Halle 23/Stand A10). Das innovative Sitzkonzept für Bus und Bahn schafft flexible Platzangebote in drei unterschiedlichen Aufenthaltszonen: Ubility Air, Ubility Light und Ubility Shift ist in der Tat ein interessanter Versuch, Antworten auf die Anforderungen an die urbane Mobilität von morgen zu geben. Auch der österreichische Spezialist für Kleinbuslösungen mit Diesel-, Gas oder E-Motor K-Bus aus Hornstein wagt den Spagat und ist auf beiden Messen zu finden (InnoTrans Bus Display/B 320, IAA Halle 23/ Stand A02).
Übriges, auch wenn bei der IAA der Anteil an Bussen stark zurückgeht und bei der InnoTrans (überschaubar) anwächst, der eigentliche Gewinner und Profiteur unter den europäischen Messen wird die Busworld in Brüssel (7.-12.10.2023) werden. Auf diesen einen großen Marktplatz scheinen sich alle Fahrzeughersteller und Zulieferer von nationalem und internationalem Rang einigen zu können.
Bildquelle: InnoTrans
Geschäftsführer Kirschbaum Verlag
Jugendherbergen gelten seit weit über 100 Jahren als ideales und preiswertes Quartier für Schulklassen und
Unter dem Motto „Sagenhaft viel erleben“ lädt das oberpfälzische Furth im Wald für den 22.
Mit der Show „Horizons“ starte Holiday on Ice, eine der weltweit erfolgreichsten Eisshows, ins 81.
Siegfriedstraße 28
D-53179 Bonn
www.kirschbaum.de
© 2022 – Kirschbaum Verlag GmbH