Ein bunter Vogel und ein Newcomer

Im dritten Teil unserer Serie zum großen E-Bustest bei den Bonner Stadtwerken nehmen wir die Elektro-Gelenkbusse der Hersteller Irizar und Ebusco unter die Lupe. Immerhin Fahrzeuge, die in Frankfurt und München bereits fahren oder künftig auf die Straße kommen werden.

Beim großen E-Busvergleichstest bei den Stadtwerken Bonn traten im Oktober 2021 sechs Elektro-Gelenkbusse von verschiedenen Busherstellern gegeneinander an, von denen wir dieses Mal die Fahrzeuge von Irizar und Ebusco genauer unter die Lupe nehmen, nachdem wir im vorherigen Beitrag die Busse der Hersteller Mercedes-Benz und MAN betrachtet hatten (siehe BUSMAGAZIN-Ausgabe 2-3/2022).

Den Anfang macht der optisch wohl auffälligste Bus unter den Testfahrzeugen, der Irizar ie 18. Das außergewöhnliche und sehr auffallende Design verdankt der 18 m lange E-Gelenkbus der Frankfurter Nahverkehrsgesellschaft Traffiq, bei welcher der Bus ansonsten im regulären Linieneinsatz ist. Im Unterschied zu den Bussen von Mercedes-Benz und MAN handelte es sich hier also um ein Testfahrzeug, das in dieser Variante bereits im Alltag unterwegs ist und bei dessen Gestaltung die Vorschriften des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) sowie von Traffiq berücksichtigt wurden. Zudem verfügte der Bus über Ausstattungen wie Monitore und Fahrtziel-Anzeiger im RMV-Look.

Die Irizar-Busse sind „Nachtlader“, werden also über Nacht im Depot geladen. Bei der Ausstattung habe man den „hohen Frankfurter Standard“ angelegt, so der Betreiber bei der Vorstellung der Busse im Sommer 2021. Nebenbei: In Frankfurt setzt man bei der Umstellung auf alternative Antriebe auf eine Doppelstrategie und wird neben batterie-elektrischen Bussen auch Brennstoffzellenbusse einsetzen. Dadurch hofft man, die Vorteile beider Technologien voll ausspielen zu können.

Aber zurück zu unserem Testbus. Die Noten beim Bonner E-Bustest spiegeln den hohen Anspruch der Frankfurter bei der Ausstattung im Bereich „Innenraumbewertung“ durchaus wider. In der Kategorie „Haltegriffe + Handläufe“ wird der Irizar-Gelenkbus durchweg mit „sehr gut“ bewertet und auch in der Kategorie „Haltestangen-Anordnung (also der Frage, ob genügend waagerecht durchgehende Haltestangen vorhanden sind) gibt es fast durchweg die Bestnote, bei einer Bewertung mit „gut“. In der Rubrik „Mittelgangbreite/ Stolperfallen“ fällt die Notengebung dann durchwachsener aus, neben den Bestnoten und „gut“ wird der Bus hier auch mit „mäßig“ benotet. Dem Sitzkomfort/Beinfreiheit sowie „Sichtverhältnisse zur Seite“ geben die Tester mehrheitlich die Note „gut“, in Sachen Sitzkomfort gibt es nur für die letzte Reihe wegen der Podeststufen einen Abzug.

Bei der Frage der „Verarbeitung“ im Innenraum dominiert die Note „gut“, ebenso wie bei den Geräuschen im Innenraum. Die Fahrgäste dürfen sich also auf eine Fahrt in einem komfortablen Bus freuen. Was die Reinigungsfreundlichkeit betrifft, gilt das auch für das Putzpersonal, denn hier schneidet der Irizar ebenfalls „gut“ bis „sehr gut“ ab. „Sehr gut verarbeitet“, keine „störenden Verschraubungen“ oder „Sitze seitlich befestigt, so gut zu reinigen“, lauten die Kommentare. Allerdings ist der Faltenbalg im Bodenbereich unverkleidet.

Auf ausreichend Raum an seinem Arbeitsplatz darf sich auch das Fahrpersonal freuen, denn da schneidet der Irizar überwiegend zwischen „gut“ und „sehr gut“ ab. Das gilt auch für die Verstellbarkeit Armaturenbrett sowie die Anordnung der Schalter und die Sichtverhältnisse, sowohl beim Blick aus den Scheiben als auch was die Spiegel angeht. Hier lässt der Irizar kaum Wünsche offen. Eher durchwachsen fällt das Ergebnis in Sachen „Ablagen, Becherhalter, Stauraum“ aus, bei dem in Schulnoten ausgedrückt die Durchschnittsnote 2,5 stehen würde. Kritisiert durch die internationalen Tester wird vor allem der Becherhalter, der von vielen als nicht ausreichend empfunden wird, auch wird linksseitig etwas mehr Platz gewünscht.

Bei der Bewertung der Fahreigenschaften fallen immer wieder die Bezeichnungen „hart“, „fest“ oder „stabil“. Insgesamt schneidet der Bus von Iriazar bei den Noten auch hier „gut“ bis „sehr gut“ ab, doch gibt es auch kritische Stimmen, etwa was die Federung betrifft oder aber, wenn Geräusche am Fahrersitzplatz als zu laut empfunden werden.

Hingegen werden die Antriebsgeräusche am Fahrerarbeitsplatz ebenfalls als leise empfunden, also wie sie bereits im Fahrgastraum bewertet wurden. Auch das Leistungsvermögen des Busses wird sehr positiv bewertet. Mit dem Ebusco 2.2 LF 18 kommen wir dann zum Elektro-Gelenkbus eines Newcomers unter den Fahrzeugherstellern. Das niederländische Unternehmen Ebusco wurde 2012 offiziell gegründet und hat von Beginn an allein auf E-Busse gesetzt, anders als etablierte Hersteller, die vom Dieselantrieb kommen.

Die Frage ist, ob das von Vorteil ist, weil man keine „Altlasten“ mit sich herumschleppt oder ob es eher ein Nachteil sein kann, weil eben die lang – jährige Erfahrung aus dem Fahrzeugbau fehlt. Man kombiniere „bewährte Technologie, neue Erkenntnisse und flexible Techniken mit einer ausgewogenen Mischung von Menschen aus der Branche“ beschreibt Ebusco selbst sein Vorgehen. Ziel sei es, auf diese Weise „eine innovative und kreative Umgebung“ zu schaffen.

Auf jeden Fall beschreitet man bei Ebusco auch ungewöhnliche Pfade, etwa, wenn 2019 mit dem Ebusco 3.0 ein Elektrobus vorgestellt wird, der komplett aus Verbundstoffen gefertigt ist und daher deutlich weniger Gewicht auf die Waage bringt. Der Ebusco 2.2 LF 18, mit dem Ebusco beim Test in Bonn an den Start ging, überzeugte bei den Fahreigenschaften. Egal, ob „Fahrsicherheit“, „Wank-/Nickneigung“ oder „Wendigkeit“, die Noten waren hier durchweg „sehr gut“ bis „gut“, speziell in Sachen „Wendigkeit“ schneidet der E-Gelenkbus von Ebusco ausgezeichnet ab, was auch für die Kategorie „Ansprechverhalten Lenkung“ gilt.

Bei „Federungskomfort““ oder „Abrollkomfort“ fallen die Noten ebenfalls in diesem Bereich aus, hier allerdings mehr in Richtung „gut“, mit Ausschlägen nach oben. Abzüge gibt es dann in Sachen „Geräusche Antrieb/ Aufbau“ sowie „Vibration/ Klappern“. Auch hier ist der Gesamteindruck nicht schlecht, aber die Noten erreichen nicht die Spitzenwerte wie bei den Fahreigenschaften.

Am Fahrerarbeitsplatz werden von vielen die Geräusche als zu deutlich wahrnehmbar empfunden, das Statement „ein Klappern war deutlich zu vernehmen“ sei hier stellvertretend angeführt. Ähnliches gilt auch für den Fahrgastraum, für den die Bewertungen beim Elektro-Gelenkbus von Ebusco in der Kategorie „Geräusche im Innenraum“ sehr breit gestreut sind und von „sehr gut“ bis „mäßig“ reichen. Die Achse und der Antrieb sind deutlich vernehmbar, so der Tenor mehrerer Kommentare.

Sehr gut schneidet der Bus dann bei den Haltegriffen und Haltestangen sowie der Anordnung der Haltestangen ab. Auch die Kritik zu „Mittelgangbreite/Stolperfallen“ ist sehr positiv, in Sachen „Verarbeitung“ erhält der Ebusco dann die Gesamtnote „gut“, die man auch für die Reinigungsfreundlichkeit vergeben kann. In der Werkstatt schnitt der Ebusco dann in allen Kategorien mit „in Ordnung“ ab, allerdings mit ein paar kritischen Anmerkungen, etwa zu großen Spaltmaßen bei den Karosserieteilen, sowohl seitlich als auch bei der Frontpartie.

Positiv wurde in der Werkstatt die gute Anordnung der Wartungsklappen vermerkt, ebenso wie der übersichtliche Fahrerarbeitsplatz sowie auch die gut verlegte Verkabelung. Speziell funktionstechnisch ist der Bus aus den Niederlanden absolut in Ordnung, in Sachen Optik gingen die Ansichten auseinander, aber über Design lässt sich bekanntlich immer diskutieren.

Unser Fazit: Funktional haben die Busse von Irizar und Ebusco beide im Test überzeugt. Die Kritikpunkte betrafen bei beiden Fahr – zeugen andere Punkte, vor allem als zu laut empfundene Fahrgeräusche, die nicht antriebsbedingt sind, sondern deren Ursache in Ver – arbeitung oder Aufbau verortet wurden. Beim Bus von Irizar war zudem das Design richtig auffällig und sorgte für eine Diskussion, ob es empfehlenswert ist, den Umstieg auf „Stromer“ im Straßenbild auch optisch möglichst auffällig zu zeigen oder aber ob man die E-Busse besser in dem Design auf die Straße schickt, in dem auch die konventionellen Dieselbusse fahren? Ausgang der Diskussion: völlig offen.

Details zum Ebusco 2.2 LF 18

Der Ebusco 2.2 LF 18 ist exakt 18 m lang und hat eine E-Achse von ZF an der zweiten Achse. Der Bus verfügt über radnahe Motoren vom Typ ZF AVE 130. Die LFP-Batterien (Lithium-Eisenphosphat) kommen von CATL und sind im Heck sowie auf dem Dach platziert. Die Gesamtkapazität liegt bei 525 kWh (davon nutzbar: 408 kWh), die maximale Ladeleistung (Stecker) beträgt 240 kW.

Im Testfahrzeug war eine Klimaanlage (Wärmepumpe) von Thermo King verbaut (Leistung Kühlen/Heizen 38/76 kW), zudem hat der Ebusco eine Diesel-Zusatzheizung von Valeo. Das Leergewicht des Busses liegt laut Hersteller bei 20 040 kg, das zulässige Gesamtgewicht bei 29000 kg. Der Bus hat eine Kapazität von 150 Fahrgästen, davon 46 Sitzplätze.

Zu den Kunden von Ebusco in Deutschland gehört unter anderem die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), die bereits 12-m-Busse des Herstellers im Einsatz haben und nun auch Busse der 18-m-Variante des Typs Ebusco 2.2 bestellt hat. Die Auslieferung an die MVG ist für die erste Hälfte des Jahres 2023 geplant.

Die 12-m-Busse von Ebusco hätten die Erwartung an die Reichweite erfüllt, sagte Veit Bodenschatz, der Leiter Busbetrieb bei der MVG, weshalb man nun auch „den großen Bruder“ in München auf die Straße bringen wolle. Neben den 2.2-Bussen wurden an München auch bereits zwei Ebusco 3.0 übergeben. Zudem hat in Deutschland auch die Infra Fürth Verkehr GmbH drei 18 m lange Gelenkbusse vom Typ Ebusco 2.2 bestellt. Darüber hinaus sind bereits zahlreiche Busse von Ebusco in den Niederlanden und Skandinavien im Einsatz.

Details zum Irizar ie 18

Der Irizar ie 18, der am Test teilnahm, ist ansonsten in Frankfurt unterwegs, wo die städtische In-der-City-Bus (ICB) im vergangenen Jahr mehrere E-Gelenkbusse des spanischen Herstellers gekauft hat. Die Busse von Irizar hätten dort in der umfangreichen Testphase überzeugt und man habe bei den Tests eine Reichweite von bis zu 250 km ermittelt, so die ICB.

Insgesamt sei die Technologie „deutlich ausgereifter als noch vor zwei Jahren“, erklärte das Unternehmen bei der Übernahme der Fahrzeuge und zog das Fazit: „Mit jeder neuen Generation werden Leistungsverbesserungen auf die Straße gebracht. Das ist notwendig, damit auch deutlich längere Kurse elektrisch bedient werden können.“

Der Testbus hat eine Länge von 18730 mm, ist also ein gutes Stück länger als beispielsweise der Ebusco und mit 22410 kg auch entsprechend schwerer. Irizar setzt bei den Gelenkbussen auf Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt-Batterien (NMC), die komplett auf dem Dach angeordnet sind. Die Gesamtkapazität liegt beim Testfahrzeug bei 560 kWh, davon nutzbar sind 505 kWh, die maximale Ladeleistung (Stecker) beträgt 150 kW. Der Antrieb erfolgt über eine Zentralachse, der Motor kommt von Alconza, einem Unternehmen der Irizar-Gruppe. Die Klimaanlage (Wärmepumpe) kommt von Hispacold, einem Unternehmen, das ebenfalls zur Irizar-Gruppe gehört. Die Leistung Kühlen/Heizen liegt laut Hersteller bei 23/21 kW. Das Testfahrzeug verfügt zudem über eine Diesel-Zusatzheizung. Der Irizar hat 47 Sitzplätze, dazu kommen 37 Stehplätze sowie ein Rollstuhlplatz und ein Stellplatz für Kinderwagen.

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